Super Bowl: Tom Brady - Sonnyboy mit dem Goldarm

NFL: Super Bowl XLIX-New England Patriots Press Conference
NFL: Super Bowl XLIX-New England Patriots Press ConferenceUSA Today Sports
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Tom Brady, der 37-jährige Star-Quarterback der New England Patriots, könnte heute beim Super Bowl in Glendale Geschichte schreiben und den vierten Titel erringen.

An die futuristische, silbern gleißende Football-Arena in Glendale, nordwestlich von Phoenix in der Wüste Arizonas, haben Tom Brady und seine New England Patriots nicht die allerbesten Erinnerungen. Vor sieben Jahren verloren sie hier, am Austragungsort des heutigen Super Bowl, das Football-Finale nur knapp gegen die New York Giants. Vier Jahre späten hatten sie in Indianapolis neuerlich das Nachsehen gegen den Angstgegner aus New York.

Damals kochte Gisele Bündchen, Bradys Frau, nach Schmährufen der gegnerischen Fans vor Wut. Was könne ihr Mann denn dafür, so schleuderte das gereizte brasilianische Supermodel ihnen entgegen, wenn die Mitspieler seine Pässe geradezu stümperhaft verstolpern, wenn ihnen der Football aus der Hand rutscht? Sie war einst drauf und dran, eine Karriere als Volleyballerin einzuschlagen, ehe sie zum bestbezahlten Model der Welt avancierte. In der Kabine war dem zuweilen selbst cholerischen Brady, dem Star-Quarterback und Sonnyboy aus Kalifornien, der Hohn seiner Teamkollegen sicher – und Bündchen war ihrem Gespött preisgegeben.

Dreimal hatte Brady, der Inbegriff des All-American-Boy – die Klischeefigur des Schönlings –, die Super-Bowl-Trophäe bereits in den Himmel gestemmt und obendrein auch den Pokal für den wertvollsten Spieler; dreimal streifte er sich den protzigen Ring über, der den Siegern im prestigeträchtigsten Duell des US-Sports gebührt. In der Nacht zum Montag will der 37-Jährige im Konfettiregen von Glendale in seinem bereits sechsten Super Bowl endlich sein großes Ziel erreichen und den Rekord einstellen, der die Quarterbacks – die Spielmacher des Football – Terry Bradshaw und Joe Montana, sein Idol aus Jugendtagen aus San Francisco, mit vier Siegen in die Hall of Fame des Football gebracht hat.

Just ein Deutscher, Sebastian Vollmer aus Düsseldorf, ein Hüne von 2,03 Metern und 145 Kilogramm, soll ihn als „Bodyguard“, als Tackle, dabei unterstützen. Sein Job besteht vor allem darin, den Mann mit dem „goldenen Arm“, den Regisseur und Passgeber, vor der Wucht der gegnerischen Meute abzuschirmen. Brady bezeichnet seinen rechten Arm selbst als „Moneymaker“: Seine Einfälle und seine Präzision entscheiden im Football über den Erfolg. Und niemand wirft sein Team so konstant zum Sieg wie Tom Brady. Seit Jahren dominieren die Patriots aus der Ostküstenmetropole Boston die American Conference, die Liga im Osten. Mit großer Regelmäßigkeit ziehen sie ins Play-off ein, im Vorjahr scheiterten sie erst im Halbfinale an den Denver Broncos.

Mit geradezu spielerischer Leichtigkeit, so hat es den Anschein, wirft Brady seine Pässe. Dabei fiel dem Superstar die Karriere nicht in den Schoß. Bis heute sorgt ein Fitness-Guru dafür, dass der Quarterback mit dem Gardemaß von 1,93 Metern die Geschmeidigkeit nicht verliert. Vom Verletzungspech blieb Brady weitgehend verschont – mit Ausnahme einer Knieverletzung, die ihn beinahe die ganze Saison 2008/2009 außer Gefecht gesetzt hatte.


Kein Supertalent. Mit harter Arbeit, mit nächtelangem Studium von Spielzügen an der University of Michigan ging er seinen Weg nach oben. „Er feilt immer an Dingen, um sich zu verbessern“, charakterisiert Trainer Bill Belichik seinen Superstar. Beim Draft, der Spieler-Lotterie, rangierte er im hinteren Feld, und die Patriots engagierten die Nachwuchshoffnung nach dem College im Jahr 2000 nur als vierten Quarterback. Gleich in seiner Debütsaison als Quarterback, nachdem die Nummer eins verletzt ausgefallen war, führte Brady sein Team bereits 2002 zum Super-Bowl-Sieg. Brady nützte seine Chance.

Die Talentescouts waren von ihm anfangs wenig angetan. „Schlechte Statur, sehr dünn und schmal, ihm fehlen Beweglichkeit und die Fähigkeit, dem Gegner auszuweichen, und ein wirklich starker Arm“, lautete eine Einschätzung. Er machte die Mankos durch verbissenes Training wett, und heute „liest“ er das Spiel wie kaum ein anderer. Trotz dreier Titel, deren letzter nun auch schon zehn Jahre zurückliegt, fehlt ihm allerdings noch die ganz große Anerkennung. Unter den großen Quarterbacks des letzten Jahrzehnts geben viele Experten Peyton Manning und Brett Favre den Vorzug vor Brady – und beide wurden in Bradys Alter von ihren Stammklubs wegen langwieriger Verletzungspausen aussortiert und abgeschoben. Für Patriots-Besitzer Robert Kraft ist Brady hingegen wie ein „fünfter Sohn“.

Als es zu Beginn dieser Saison nicht recht lief für Brady, als die Patriots gegen Kansas City eine schmachvolle Niederlage erlitten, da hoben die Gerüchte um einen Wechsel an. Voreilige Sportkommentatoren schrieben den Star-Quarterback schon ab. Brady zeigte es seinen Kritikern, er lief bald wieder zu gewohnter Form auf. Sein bestes Spiel, so verkündete er beim obligaten Ballyhoo vor versammelter US-Sportpresse in Glendale, habe er sich für den Super Bowl aufgehoben. Dabei ist Selbstlob seine Sache eigentlich nicht, eher schon die entrückte Coolness eines Surfers.

Erste graue Haare haben sich eingeschlichen, ans Karriereende mag er indes nicht denken. „Tom Brady kann nicht aufhören“ titelte die „New York Times“ ihr heutiges Magazinporträt. Sein Vertrag läuft noch drei Jahre, und es gilt, noch mehr Rekorde zu brechen.Als Verlierer will er jedenfalls gewiss nicht in die Annalen eingehen.

Fakten

Tom Brady
Geboren 1977 in San Mateo, nahe San Francisco. Nach dem Studium an der University of Michigan seit 2000 als Quarterback bei den New England Patriots, Drei Super-Bowl-Titel (2002, 2004, 2005) zwei Finalniederlagen (2008, 2012). Seit 2009 mit Supermodel Gisele Bündchen verheiratet, zwei Kinder mit der Brasilianerin. Ein Sohn mit Bridget Moynahan, Ex-Model und Schauspielerin.

Der 49. Super Bowl
geht heute Nacht (0.30 Uhr, live Puls 4) in Glendale, Arizona, zwischen Titelverteidiger Seattle Seahawks und den New England Patriots über die Bühne. In der Halbzeitpause spielen Katy Perry und Lenny Kravitz auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2015)

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