Wo Katar seine Sporthelden der Zukunft ausbildet

Die Aspire Academy in Doha ist ein gewaltiger Komplex, der Katars junger Sportelite perfekte Trainingsmöglichkeiten bietet. Ein Sportler wird von bis zu sieben Trainern betreut, als Inspiration dienen Legenden wie Michael Jordan und Diego Maradona. Ein Lokalaugenschein.

Etwa ein Dutzend kleine Buben, vielleicht sechs oder sieben Jahre alt, laufen in der Aspire Academy zu Doha einem Fußball hinterher. Die Gruppe hat sichtlich Spaß, es wird lautstark kommuniziert, die Anweisungen des Trainers, der das Geschehen am Rand des Kunstrasenplatzes verfolgt, werden manchmal noch überhört. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 im eigenen Land wird für die Knirpse zu früh kommen, vier Jahre später stünden die Chancen auf eine Teilnahme naturgemäß schon besser. Noch ist Katar, Nummer 109 der Fifa-Weltrangliste, im Fußball keine Großmacht. Sieben Jahre an akribischer Vorbereitung werden nicht reichen, um daran etwas zu ändern.

Im Fußball lassen sich Großereignisse vielleicht schneller kaufen als Erfolge mit dem Nationalteam. Für die Handball-WM im Jänner hat Katar für viel Geld etliche Spieler eingebürgert, Gold stand letztlich nur Frankreich im Weg. Ein sportliches Déjà-vu 2022 schloss Fifa-Präsident Joseph Blatter kurze Zeit später aus. „Im Fußball wären solche Auswüchse nicht möglich. Weil die Fifa das nicht zulässt“, kritisierte der Schweizer die eigenwillige Einbürgerungspraxis des Handball-Weltverbands. Und so versucht Katar auf natürlichem Weg, eine schlagkräftige Fußball-Nationalmannschaft auf die Beine zu stellen. Die aktuelle gibt wenig Grund zur Hoffnung. Beim Asien Cup 2015 schied sie in einer Gruppe mit dem Iran, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain punktlos aus. Katarische Fußballer sind kein Exportschlager, jeder Nationalspieler verdient sein Geld im Wüstenstaat, die nationale Meisterschaft ist von überschaubarer Klasse.

Perfekte Bedingungen. Verheißungsvoller ist der Nachwuchs. Die U19 Katars wurde im Vorjahr erstmals Asien-Meister und qualifizierte sich für die diesjährige U20-WM in Neuseeland. Die Erfolge der Jugend basieren auf der täglichen Arbeit in der Aspire Academy. Die vollständigen Fußballauswahlen der U17 und U19 trainieren eben dort, das Leistungszentrum für 218 katarische Athleten vereint Schule mit Sport. Die Voraussetzungen auf der gewaltigen Anlage, deren Errichtung 2004 über eine Milliarde Dollar kostete, sind perfekt.

Nicht nur junge Fußballer schwitzen hier, auch Talente aus der Leichtathletik, Tischtennis, Schwimmen oder Squash werden gefordert und gefördert. Die Aspire Academy ist ein rein staatliches Unternehmen, an monetären Möglichkeiten fehlt es also nicht. Nicht in Katar. Auf einen Sportler kommen bis zu sieben Betreuer, manche Nachwuchscoaches ließen sogar die Fußballhochburgen Madrid oder Barcelona hinter sich, um in Doha anzuheuern. Insgesamt sind hier 2000 Mitarbeiter aus 30 Nationen beschäftigt. Eine Multikulti-Schar, die sich dem Erfolg für Katar verschrieben hat.

Im Aspire Dome, einer der größten Indoor-Sporthallen der Welt, stehen in riesigen Lettern Zitate von Sportlegenden wie Michael Jordan, Roger Federer oder Diego Maradona. Sie sollen der Jugend als Inspiration dienen, ihr aufzeigen, was mit dem nötigen Willen möglich ist. Und irgendwann sollen neben den Worten von Jordan und Co. auch jene von Katars Helden stehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2015)

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