Eine neue Erfolgsgeschichte auf dem Heldenplatz

(c) GEPA pictures / M. Hoermandinger
  • Drucken

Der Äthiopier Sisay Lemma siegte mit der drittschnellsten Wien-Zeit, Hoffnungsträger Christian Pflügl musste aufgeben. Maja Neuenschwander gewann das Damenrennen.

Wien. Einmal mehr hatte der Wien-Marathon abertausende Menschen auf die Straßen gelockt. Angenehme Temperaturen, 13 bis 14 Grad, Sonnenschein, blühende Bäume im Prater – entlang der Strecke standen die Zuschauer oft dicht gedrängt. Es ist ein jährliches, lang vorab angekündigtes Spektakel, mit Absperrungen und Straßensperren sonder Zahl. 42.742 Läuferinnen und Läufer, das ist Rekord, brauchen eben ihren Freiraum. Auch wachen Ordner bei heiklen Passagen, doch so mancher Autofahrer will und wird es einfach nie begreifen. Er fahre doch immer hier sonntags beim Parlament über den Ring, brüllte ein älterer Mann entnervt. Immer dieser Marathon...

Ein etwas anderer Rekord

Doch auch das Rennen schlägt nicht immer die Richtung ein, die Prognosen vorhergesagt haben. Topfavorit und Streckenrekordhalter Getu Feleke musste überraschend aufgeben. Der Äthiopier hätte klar gewonnen, sein Oberschenkel aber begann nach ca. 45 Rennminuten zu zwicken. In der Nähe des Athleten-Hotels bei Schönbrunn gab er, wohl auch zum Entsetzen der Veranstalter, auf. Damit war der Traum vom Streckenrekord geplatzt, nur auf ihn war das Event ausgerichtet worden. Von einer neuen Bestzeit ist bereits früh keine Rede mehr gewesen.

Und trotzdem, Wolfgang Konrad durfte sich auf dem Heldenplatz über die drittschnellste, jemals in Wien gelaufene Zeit freuen. In 2:07:31-Stunden gewann der Äthiopier Sisay Lemma die 32. Auflage des Laufklassikers. Und dann gab es doch noch einen Zeitrekord. Der Abstand des Zweitplatzierten, Duncan Koech (KEN), beträgt fast fünf Minuten. Er lief nach 212:14-Stunden über die Ziellinie. So überlegen hat noch kein Gewinner triumphiert. Es war der vierte Männersieg für Äthiopien beim VCM, Rekordnation ist Kenia mit zwölf.

„Ich bin sehr glücklich, dass ich gewonnen habe, ich bin ja das erst Mal hier in Wien“, sagte Lemma, der sich beim Publikum bedankte. „Die Strecke ist gut für einen Marathon und die Bedingungen waren es auch.“ Und dennoch, einen Haken fand er trotzdem an diesem Feiertag. Mit der Arbeit der Pacemaker, also der Tempomacher, war er keineswegs zufrieden, folglich blieb ihm nichts anderes übrig, als sein eigenes, schnelleres Tempo zu laufen. Es war Lemmas zweiter Marathon in diesem Jahr, in Dubai wurde er Fünfter. Er hält nun bei vier Siegen in neun Marathons.

Auftritt eines Bergspezialisten

Für Christian Pflügl, der Oberösterreicher wurde im Vorfeld als bester Österreicher gehandelt und war selbst auch mit dem Wunsch ins Rennen gestartet, das WM-Limit von 2:15-Stunden zu erbringen, endete der Wien-Marathon mit einer Enttäuschung. Der Familienvater, 36, musste aufgeben. Dabei ist er 21,1 Kilometern mit der Durchgangszeit von 1:07:47 nur 17 Sekunden über Plan gelegen. Nach 29 Kilometern aber war es aus, der Traum geplatzt und Pflügl im Prater ernüchtert. „Ich hatte schon vorher massive muskuläre Probleme, es war ein Krampf in der linken Wade. Ich wollte mich durchkämpfen, aber ich konnte nicht mehr auf den Fuß steigen. Mir tut es irrsinnig leid, aber das ist der Marathon. Schade.“

Weil auch Roman Weger den Lauf nicht beenden konnte, wurde einem Spezialisten für Bergläufe die Ehre zuteil, als bester Österreicher im Ziel zu stehen. Simon Lechleitner wurde Zwölfter mit einer Zeit von 2:25:53-Stunden.

Bei den Frauen setzte sich die Schweizerin Maja Neuenschwander durch, die deutsche Vorjahressiegerin Anna Hahner wurde Fünfte. Neuenschwander lief lang auf persönliche Bestzeit zu, die stand bei 2:29:42, auch ein neuer Schweizer Rekord (2:27:44/Franziska Rochat-Moser/1994 in Frankfurt) schien machbar. Daraus wurde am Ende nichts, die Siegerzeit betrug 2:30:09 Stunden. „Es war für mich ein riesiger Genuss. Es machte mir viel Spaß und ich habe viele Eindrücke von dieser Stadt gewonnen. Mit dem Sieg habe ich mich erst ganz am Ende zu befassen begonnen. Wunderbar.“

Äthiopier siegt in Rotterdam

Lemma war am Sonntag aber nicht einzige Marathon-Läufer aus Äthiopien, der sich als Sieger feiern lassen durfte. Der Äthiopier Abera Kuma hat überraschend den stark besetzten Rotterdam-Marathon gewonnen. Der frühere 5000-Meter-Spezialist siegte nach 2:06:46-Stunden vor den favorisierten Kenianern Mark Kiptoo (2:07:21) und Bernard Koech (2:08:01). Rotterdam zählt zu den schnellsten Läufen über die 42,195 Kilometer weltweit. Bereits dreimal wurde hier ein Marathon-Weltrekord aufgestellt. Aus dieser Sicht trennen Wien und Rotterdam allerdings nur 45 Sekunden...

ERGEBNISSE 32. WIEN-MARATHON

Herren:

1. Sisay Lemma (ETH) 2:07:31 Stunden

2. Duncan Koech (KEN) 2:12:14

3. Siraj Gena (ETH) 2:12:48

4. Hosea Kipkemboi (KEN) 2:13:47

5. Suleiman Simotwo (KEN) 2:14:42

12. Simon Lechleitner (AUT) 2:25:53

21. Philipp Aigner (AUT) 2:33:56.

Damen:

1. Maja Neuenschwander (SUI) 2:30:09

2. Agnes Mutune (KEN) 2:30:19

3. Esther Chemtai (KEN) 2:30:32

4. Caroline Chepkwony (KEN) 2:30:36

5. Anna Hahner (GER) 2:30:50

17. Natalia Steiger (AUT) 3:08:37

18. Antonia Luchini (AUT) 3:08:45.

Halbmarathon (21,097 km)

Herren:

1. Eric Rüttimann (SUI) 1:07:34

4. Robert Gruber (AUT) 1:10:29.

Damen: 1. Susanne Mair (AUT) 1:18:25.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.