„Klitschko boxt mit Köpfchen“ Untergang der Schwergewichte

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Wladimir Klitschko steht bei seiner Titelverteidigung in New York im Schatten des sündhaft teuren Mayweather-Spektakels ins Las Vegas.

New York. Für manche ist es klare Überlegenheit, für viele ist es aber eine an die Monotonie der Formel 1 erinnernde Fadesse – mit der Regentschaft der Klitschko-Brüder erlebte das Schwergewichtsboxen einen Wandel. Gegner kamen und gingen, sie wurden mitunter auch abtransportiert. Sie konnten noch so patschert auftreten, harmlos zuschlagen oder noch so dumme Sprüche klopfen, gegen Wladimir Klitschko hatten sie einfach keine Chance.

Der 39-jährige Ukrainer dominiert den Ring nach Belieben. Größe (1,98 Meter) und Reichweite sprechen für ihn, seine harten, präzisen Schläge ebenfalls. Darum ist er auch Weltmeister im Schwergewicht nach Version der IBF, WBO, WBA und IBO. Er ist aber auch Champion, weil es keine wirklich guten Schwergewichtsboxer mehr gibt. Weder in Amerika noch in Europa. Echte Kaliber dieser Art sind geradezu ausgestorben.

Rangers und Mayweather als Gegner

Nun steht Klitschko abermals vor einer Titelverteidigung. Im New Yorker Square Garden trifft er heute auf den selbst in seiner Heimat unbekannten Amerikaner Bryant Jennings, 30. Nur ein Plakat weist an der Seventh Avenue darauf hin. Die Play-offs der NHL und die NY Rangers haben Vorrang.

Auch ist der Schatten, den das Mega-Spektakel „Kampf des Jahrhunderts“ in Las Vegas wirft – am 2. Mai steigt das Duell zwischen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao für sagenhafte 300 Millionen Dollar –, zu groß und zu dunkel für Klitschko. Er versuchte zwar, den Gegner seiner Herkunft aus Philadelphia wegen mit dem Rocky-Vergleich zu schmücken, doch das Interesse für diesen Kampf stieg trotzdem nicht.

Jennings, ein Linksausleger, kommt aus „North Philly“, dem Norden Philadelphias, einer Gegend mit vielen sozialen Brennpunkten und hoher Kriminalitätsrate. Er passt perfekt ins US-Klischee der Boxer und man hat den Eindruck, dass er trotz seiner Statistik von 66:19-Fights gerade deshalb vom Klitschko-Management ausgewählt worden ist. „Er ist jung, athletisch und sehr motiviert. Er wird eine Herausforderung für mich und ich denke, dass Jennings mehr als je zuvor geben wird“, sagt Klitschko.

Dass der Termin womöglich unpassend ist angesichts der Schlacht von Las Vegas, wird mit bösen Blicken zurückgewiesen. „HBO trommelt für beide Kämpfe“, sagt Manager Bernd Bönte. Doch der US-Bezahlsender unterscheidet sehr wohl, den Kampf des Ukrainers darf jeder Abonnent sehen. In Europa ebenso, ab 4.20 Uhr bei RTL. Für das Duell Mayweathers mit Pacquiao müssen 100 Dollar extra bezahlt werden.

Dennoch, Klitschko braucht bei der Rückkehr in die USA die Öffentlichkeit dringend. Bei seinem letzten New-York-Auftritt vor sieben Jahren gegen den Russen Sultan Ibragimow musste er sich trotz Punktesieges harsche Schmähkritiken gefallen lassen. Sein kontrollierter, den Gegner mitunter „erdrückender“ Boxstil missfällt den Amerikanern, die durchwegs harte Schläge und Konter sehen wollen. Doch für den Ukrainer war es stets der Schlüssel zum Erfolg, der ihm recht gibt. Bönte: „Wladimir boxt mit Köpfchen. Soll er das aufgeben?“ (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2015)

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