Eishockey-WM: Auf dem Sprung in das Notizbuch der Scouts

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Kanada und USA bleiben auch nach dem dritten Spiel makellos, dafür lieferten Tschechiens Fans bei der 3:6-Demontage einen Eklat. Österreichs Verteidiger Dominique Heinrich träumt vom Engagement in Schweden.

Prag. An sich sind Eishockeyfans ja friedliche Wesen. Sie genießen die Stimmung, die vor Spielen rund um die Halle gelebt wird. Sie verkleiden sich, bemalen sich, sie feiern zumeist ein rauschendes Fest. So ist es auch bei der WM in Prag, im „Fandorf“ sitzen Vertreter aller Länder nebeneinander, trinken billiges Bier, werden mit Grillfleisch, Videowall und Musik verwöhnt. Nach dem Hit der Gastgeber gegen Kanada aber war diese Stimmung vergessen, dieses Idyll hat schwere Kratzer erlitten.

Mit wüsten Beschimpfungen wie „Schlampen“, „Hurensöhne“ wurden Kanadas Stars bedacht, als sie sich gegen Tschechien mit 6:3 durchsetzten. Der Lärm von 17.383 Zuschauern kann erdrückend sein, die Spieler rund um Superstar Sidney Crosby ließen sich davon aber nicht beeindrucken. Kanada, aktueller Olympiasieger und 24-maliger Weltmeister, bleibt somit bei dieser WM das Maß aller Dinge und ist auch nach dem dritten Spiel ungeschlagen.

Innerhalb eines Jahres hat Österreichs Team seine komplette, langjährige Stammverteidigung (Unterluggauer, Pöck, Trattnig, Lakos, Lukas, Ulmer) verloren. Nur Mario Altmann und Florian Iberer sind etwa von der Sotschi-Mannschaft übrig geblieben.

Mit einem Schlag hat eine neue Generation übernehmen müssen, aus der bei dieser WM bislang Dominique Heinrich herausragt. Der Wiener, 24, spielt für Salzburg und will die Eisbühne in Prag nützen, um sich für einen Auslandstransfer interessant zu machen.

Heinrich hat sich zum Nummer-eins-Verteidiger hochgespielt. Mit 1,75 Meter hat er zwar nicht das Gardemaß, überzeugt jedoch mit seiner Schnelligkeit, Fitness und immensem Spielverständnis. Scouts sollen bereits auf den Torschützen des Ehrentreffers gegen Schweden aufmerksam geworden sein, berichtet etwa Bernd Freimüller, der einst selbst für den NHL-Klub Atlanta auf Spielersuche war und sich nun als Reporter Notizen in Prag macht. „Das Ausland ist mein Ziel, schon für kommende Saison“, sagt Heinrich. „Ich würde gern in Schweden oder in der Schweiz spielen. Diese Ligen passen zu meinem Spielstil.“ Jedoch, noch liegt kein Offert für den von Trainerikone Pierre Pagé zum Verteidiger umfunktionierten Stürmer vor.

Der Lockruf von Olympia

In Prag geht es aber nicht nur um Jobchancen, es steht weitaus mehr auf dem Spiel. Bereits drei Jahre vor den Winterspielen 2018 in Pyeongchang, Südkorea, startet der Qualifikationsprozess. Die besten acht Nationen in der Weltrangliste sowie Gastgeber Südkorea haben ihren Platz sicher. Dafür zählt die Weltrangliste nach der WM in Tschechien. Österreich steigt in der letzten Qualifikationsrunde (1.– 4. September 2016) ein. Da spielen die Nationen auf den Weltranglistenplätzen von neun bis 17 sowie drei Aufsteiger aus der zweiten Qualifikationsrunde in drei Vierergruppen, nur jeweils die drei Gruppensieger fahren nach Südkorea.

WM-ERGEBNISSE

Gruppe A, 4. Spieltag: Lettland – Schweden 1:8 (0:1, 1:3, 0:4), Kanada – Tschechien 6:3 (2:1, 1:1, 3:1).
Gruppe B, 4. Runde: Russland – USA 2:4 (0:1, 1:1, 1:2), Norwegen – Finnland 0:5 (0:1, 0:2, 0:2).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2015)

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