Und immer auf die gleiche Tour

NETHERLANDS CYCLING TOUR DE FRANCE 2015
NETHERLANDS CYCLING TOUR DE FRANCE 2015(c) APA/EPA/KIM LUDBROOK (KIM LUDBROOK)
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Die 102. Tour de France prägten Contador und Nibali bereits vor dem Start.

Utrecht. Die „große Schleife“ steht auf dem Programm und so sehr sich alle Fans des Radklassikers auch auf diese 102. Auflage der Tour de France freuen, es fährt einmal mehr der Verdacht bei jeder der 21 Etappen und jedem der 3660 Kilometer ab heute (14 Uhr, live Eurosport) von Utrecht bis nach Paris mit. Es gibt nebst diesem bekannten Spiel aus Verdächtigungen auch einen sportlichen Ansatz, der Beachtung verdient. Sieben Radprofis haben bislang das Double aus Giro d'Italia und Tour geschafft. Zuletzt gelang es 1998 dem Italiener Marco Pantani. Nun nimmt der Spanier Alberto Contador dieses Unterfangen unter die Räder. Und er könnte am 26. Juli auf der Avenue des Champs-Élysées in Paris tatsächlich der große Sieger sein.

In der Liste der Double-Gewinner scheinen große Namen des Radsports auf. Fausto Coppi (ITA) machte 1949 den Anfang, später schafften Jacques Anquetil (FRA) und Eddy Merckx (BEL/sogar dreimal), Bernard Hinault (FRA), Stephen Roche (IRL) und Miguel Indurain (ESP) in einem Jahr Erfolge in beiden Rundfahrten. Contador sagt: „Das wäre eine Leistung, an die man sich erinnern würde!“ Der Radprofi des Teams Tinkoff hat im Herbst 2014 die Vuelta gewonnen, bei einem Erfolg in Frankreich hätte er sogar alle drei großen Landesrundfahrten in Serie gewonnen. Der 32-Jährige hat seit dem ersten Tour-Erfolg 2007 sieben große Rundfahrten für sich entschieden. Zwei weitere Siege – Tour 2010 und Giro 2011 – wurden ihm nach einem positiven Dopingbefund bei der Tour 2010 auf Clenbuterol nachträglich aberkannt. „Die Tour noch einmal zu gewinnen, ist eine riesige Herausforderung. Ich habe jedenfalls keine Albträume.“

Unruhe im Astana-Rennstall

Vincenzo Nibali wirkte unsicher. Sein Lächeln war gequält, als er mit seinem höchst umstrittenen Astana-Team auf einem Boot den Kanal zur Präsentation der Tour in Utrecht entlangschipperte. Doch seine Sorge war unbegründet. Die Niederländer erwiesen sich als freundliche Gastgeber und bedachten den umstrittenen Vorjahressieger mit Applaus.

Ginge es nach dem Weltverband, wäre der Sizilianer nicht dabei. Im Frühjahr hatte die UCI nach zahlreichen Skandalen und Indizien für ein Dopingsystem den Lizenzentzug für die kasachische Mannschaft um den zwielichtigen Teamchef Alexander Winokurow gefordert. Nur die Lizenzkommission war anderer Meinung.

Nibali versteht diese Aufregung freilich nicht. Er habe Wert darauf gelegt, sich mit einer Gruppe zu umgeben, die über jeden Verdacht erhaben ist. „Mein Tour-Sieg war das Ergebnis von 15 Jahren harter Arbeit!“ Fünf Dopingfälle aus den beiden Astana-Mannschaften Ende der Saison 2014 hatten den Radsport aufgeschreckt. Dazu legte die Polizei Indizien über die Zusammenarbeit zwischen Winokurow und dem lebenslang gesperrten Mediziner Michele Ferrari vor.

Zu wenig für ein Fahrverbot. Die Astana-Fahrer sind im Peloton unterwegs, verdächtig schnell. Beim Giro kletterte Fabio Aru auf zwei Bergetappen derart flink die Pässe hinauf, dass Kollegen nur den Kopf schüttelten. Aru ist bei der Tour nicht dabei. Wohl aber Michele Scarponi, der auf den Kundenlisten der Dopingärzte Eufemiano Fuentes und Ferrari stand. In Sachen Doping verweist Nibali auf seine weiße Weste. Es sei nicht sein Problem... (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2015)

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