Tour de France: Der Auftritt des Geächteten

Cyclist Lance Armstrong of the US speaks to journalists before taking part in Geoff Thomas's 'One Day Ahead' charity event during a stage of the 102nd Tour de France cycling race from Muret to Rodez
Cyclist Lance Armstrong of the US speaks to journalists before taking part in Geoff Thomas's 'One Day Ahead' charity event during a stage of the 102nd Tour de France cycling race from Muret to RodezREUTERS
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Viel Trubel herrschte um Lance Armstrongs Rückkehr nach Frankreich. Der Dopingsünder zeigte Verständnis für Kritik und entschuldigte sich bei Tour-Leader Chris Froome.

Le Vernet. Es war eine triste Kulisse, vor der Lance Armstrong seinen mit Spannung erwarteten Auftritt hatte: Ein schmuckloser Supermarktparkplatz in Le Vernet, einem Vorort von Toulouse. Nur das große Medienaufkommen erinnerte an seine Zeiten als umjubelter Held; rund 100 Journalisten und 18 Kamerateams kämpften frühmorgens bei der Ankunft des Busses um die beste Position. Ähnliches Gedränge herrschte zuletzt bei seinem Tour-Abschied 2010. Nun kehrte der Texaner nach Frankreich zurück – als Geächteter und Dopingsünder, auf eigene Einladung und gegen offenen Widerstand.

Armstrong nimmt als Gast an einem Wohltätigkeitsrennen des britischen Ex-Fußballer Geoff Thomas teil und fuhr am Donnerstag mit elf Hobbyfahrern die erste von zwei Etappen im Vorfeld ab. Das dabei gesammelte Geld kommt der Leukämie-Forschung zugute. Trotz der guten Absicht hatte der Texaner im Vorfeld für seine Teilnahme massive Kritik für geerntet. „Das ist unerwünscht und respektlos“, sagte etwa Weltverbandspräsident Brian Cookson. „Es gäbe für Lance viele Möglichkeiten, Geld für wohltätige Zwecke einzusammeln.“

Nichtsdestotrotz stellte sich Armstrong gut gelaunt, freundlich dieser Journalistenschar. „Das ist ein spezielles Rennen, ein spezieller Tag. Geoff hat Großartiges ins Leben gerufen“, sagte er und zeigte durchaus Verständnis für die geteilten Reaktionen zu seinem Auftritt. „Ich verstehe, dass es Vorbehalte gibt. Aber ich bin hier für Geoff und seine Charity. Die sammeln viel Geld, um Leben zu retten. Das Letzte was ich will, ganz ehrlich, ist von einem großen Radrennen ablenken.“ Dieses Unterfangen hatte Armstrong mit seinen jüngsten Dopingandeutungen auf Twitter in Richtung Tour-Leader Chris Froome jedoch selbst untergraben.

„Nicht mein Job, zu beurteilen“

In Frankreich verzichtete Armstrong auf Provokationen. „Es ist nicht mein Job, das zu beurteilen“, sagte der 43-Jährige. „Wer auch immer die Tour 2015 gewinnt, sollte nicht Fragen über jemanden beantworten, der vor zehn oder 15 Jahren gewonnen hat. Ich wollte Chris nicht in Zweifel stellen.“ Schließlich kenne er die unangenehme Lage, in die er den Briten gebracht hatte, selbst nur zu gut. „Ich weiß wie es für jemanden wie Chris ist, während der Tour dauernd mit Fragen konfrontiert zu werden. Ich weiß, dass es in diesem Fall auch meine Schuld ist.“
Für seine Tweets entschuldigen wollte sich Armstrong dennoch nicht. „Ich bereue nichts“, meinte der Texaner. „Ich war völlig ehrlich. Ich habe gesagt, dass man mich nicht fragen soll, weil ich die Antwort nicht kenne. Ich bereue andere Tweets aus meinem Leben, nicht aber diese.“

Froome selbst blieb trotz des Vorgeplänkels ob Armstrongs Auftritt gelassen, bezeichnete dessen Rückkehr als „Nicht-Ereignis“. „Für uns ist es nicht so, dass Lance zur Tour zurückkehrt. Er steht nicht mit uns an der Startlinie“, meinte der Sky-Kapitän, der aber die Veröffentlichung seiner gehackten Leistungsdaten anprangerte. „Das hat niemandem etwas gebracht.“ Um den Dopingverdacht zu entkräften, sei für ihn eine erneute Auswertung wie 2013 durch einen externen Experten vorstellbar.

Wespe sticht, Spanier fährt

Es hatte den Anschein, als würde die 12. Etappe die Ausfahrt des Grazers Georg Preidler (Giant-Team). Er fuhr an der Spitze mit, bis ein Wespenstich am Fuß des Port de Lers Größeres verhinderte. Überschattet wurde die 195-km- Fahrt von Lannemezan auf das Plateau de Beille von Regen und Hagel. Beim finalen Anstieg war Joaquin Rodriguez nicht zu halten, sieben Kilometer vor dem Ziel setzte er sich (36, Katjusha) ab, feierte den zweiten Tagessieg (5:40:14). Chris Froome (GB, Sky) behält das Gelbe Trikot. Er hatte, begleitet von Alberto Contador (Tinkoff, ESP) und Nairo Quintana (KOL, Movistar), 6:47-Minuten Rückstand.

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