Tour de France: Das Versprechen des Gesamtsiegers

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Christopher Froome musste auf den 3360 Kilometern nach Paris einiges einstecken, am Ende bleiben wie immer Zweifel. Auch alle drei Österreicher schafften es ins Ziel.

Paris. „Diese Tour war sehr schwierig. Auf dem Rad und neben dem Rad“, meinte Christopher Froome, nachdem er die traditionelle Triumphfahrt nach Paris ohne Zwischenfälle hinter sich gebracht hatte und endgültig zum zweiten Mal nach 2013 als Gesamtsieger der Tour de France feststand. „Es gab viel Stress neben dem Rennen. Aber das ist der Radsport im Jahr 2015.“ Der 30-jährige Brite mit kenianischen Wurzeln sprach die Doping-Verdächtigungen und die Angriffe durch Zuschauer an, die ihn beschimpft, bespuckt und sogar mit Urin beschüttet hatten.

Im Ziel in Paris war das alles vergessen, Froome wurde von den Emotionen überwältigt. „Ich bin so froh, hier mit dem Gelben Trikot zu stehen. Das ist ein unglaubliches Gefühl“, erklärte der Sky-Kapitän und bedankte sich bei seinen Teamkollegen. „Es ist viel passiert abseits des Rennens. Das hat uns zusammengeschweißt.“

Am Ende hat Froome die Tour doch souverän gewonnen. Erst auf den letzten beiden Alpenetappen hatte er ein paar Schwierigkeiten, sein Vorsprung war zu diesem Zeitpunkt aber schon groß genug, um 1:12 Minuten gegenüber dem zweitplatzierten Nairo Quintana ins Ziel nach Paris zu retten. Froome, der 450.000 Euro für den Gesamtsieg erhielt, streute seinem größten Konkurrenten Rosen: „Nairo ist sehr stark, die Zukunft gehört ihm. Aber nächstes Jahr wird es noch ein schönes Match geben“, sagte Froome, der zugab, beim Generalangriff des Kolumbianers auf der vorletzten Etappe nach Alpe-d'Huez „tausende Tode gestorben“ zu sein.

Kletterspezialist Quintana betonte, er sei nicht enttäuscht. „Ich habe gezeigt, was meinem Niveau entspricht. Aber ich behalte meinen Traum von Gelb und werde es nächstes Jahr erneut versuchen“, kündigte der beste Jungprofi der Tour (bis 25 Jahre) an. Quintanas Movistar-Teamkollege Alejandro Valverde, 35, schaffte als Dritter (+5:25) bei der achten Teilnahme den ersten Podestplatz und bezeichnete Froomes Erfolg als völlig verdient: „Er war der Stärkste.“

Während Quintanas Leistung nicht angezweifelt wurde, war für Froome das Thema Doping ständiger Begleiter. Am ersten Schlussanstieg in den Pyrenäen deklassierte er die Konkurrenz, seine einzige Attacke ließ die Beobachter fassungslos zurück. Sein Team wollte die Zweifel beseitigen und veröffentlichte einige wenige Leistungsdaten des Briten, der bei 1,86 Meter nur 68 Kilogramm wiegt. Den Kritikern war das nicht genug, zu stark waren die Bilder von Froomes Galavorstellung nach La Pierre Saint-Martin. Froome versuchte, seinen Coup zu erklären: Im Training habe er sich diesen Anstieg für eine Attacke ausgesucht. „Das Profil war ideal für mich. Das war meine Tour-Taktik.“ Sie ging auf. Mit seinem einzigen Tagessieg hatte er nach den starken Auftritten in der ersten Woche die Basis für den Triumph gelegt. „Ich werde das Trikot nicht entehren“, versprach Froome noch auf den Champs-Élysées, doch das hatten Gesamtsieger freilich schon vor ihm getan, bevor sie als Doper entlarvt wurden.

Spaß an der Quälerei

Die Konkurrenz konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Vorjahressieger Vincenzo Nibali hatte Probleme, schaffte es aber dank seines Etappensieges in den Alpen noch auf den vierten Gesamtrang (+8:36). Alberto Contador scheiterte am Rundfahrten-Double. Der Giro-d'Italia-Gewinner wurde nur Fünfter (+9:48). „Giro und Tour zu machen ist nicht unmöglich, aber es ist kompliziert“, meinte der 32-jährige Spanier aus dem Tinkoff-Team, dessen slowakischer Kollege Peter Sagan zum vierten Mal in Folge das Grüne Trikot des Punktebesten holte.

Die drei österreichischen Teilnehmer schafften es beim Tour-Debüt alle bis nach Paris. Matthias Brändle (IAM/156.), Georg Preidler (Giant-Alpecin/87.) und Marco Haller (Katjuscha/126.) hatten vor allem Helferaufgaben zu erfüllen. „Es war sehr hart, ich bin froh, dass ich die Berge bei dieser Hitze geschafft habe, und stolz, dass ich die Tour fertig gefahren bin“, sagte Brändle, 25. Die Stimmung sei unbeschreiblich gewesen. „Hinauf nach Alpe d'Huez war es unglaublich, das hat Spaß gemacht.“ Der ebenfalls 25-jährige Preidler musste Antibiotika nehmen und war nahe daran, aufzugeben. „Ich habe gelernt, dass man noch weiterfahren kann, auch wenn man über dem Limit ist.“ Haller, 24, kam sehr gut durch seine erste dreiwöchige Rundfahrt, er zeigte sich einmal sogar in einer Spitzengruppe.

Auf einen Blick

Christopher Froome hat zum zweiten Mal nach 2013 die Tour de France als Gesamtsieger beendet. Der 30-jährige Brite aus dem Team Sky kam nach 21 Etappen und 3360 Kilometern mit einem Vorsprung von 1:12 Minuten auf den Kolumbianer Nairo Quintana in Paris an. Obwohl Froome stets beteuerte, sauber zu sein, war das Thema Doping sein ständiger Begleiter. Vor allem seine entscheidende Attacke in den Pyrenäen ließ die Spekulationen anwachsen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2015)

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