Leichtathletik: Barfuß durchs Vogelnest

Al-Qwabani competes barefoot in his men´s 5000 metres heat at the IAAF World Championships in Beijing
Al-Qwabani competes barefoot in his men´s 5000 metres heat at the IAAF World Championships in Beijing(c) REUTERS (KAI PFAFFENBACH)
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Vor dem zweiten Teil des Duells zwischen Usain Bolt und Justin Gatlin begeisterte ein Nachwuchsläufer aus dem Jemen die Fans. Seit gestern hat die WM auch ihre ersten Dopingfälle.

Peking. Obwohl er abgeschlagen als Letzter seines Vorlaufes über 5000 Meter im Ziel ankam, ist Abdullah al-Qwabani bei der Leichtathletik-WM in Peking in die Herzen der Fans gelaufen. Denn der 16-Jährige aus dem Jemen rannte barfuß über die Tartanbahn im Vogelnest-Stadion. Trotz persönlicher Bestzeit (16:02,55 Minuten) schied der junge Außenseiter aus dem bürgerkriegsgeplagten Land aus. Seinen Startplatz bekam al-Qwabani durch ein Entwicklungsprogramm des Weltleichtathletikverbandes. So durfte er im gleichen Vorlauf wie Olympia-Sieger Mo Farah antreten, der Brite beendete sein Tagwerk allerdings schon nach 13:19,44 Minuten.

Der barfüßige Läufer aus dem Jemen ist freilich nur eine Randnotiz in der großen Usain-Bolt-Show. Der Jamaikaner, 29, wirkt nach seinem 100-Meter-Sieg befreit, die Anspannung ist weg. Verschnaufpause kann sich Bolt allerdings keine leisten, schon heute sinnt der über 100 Meter um eine Hunderstel geschlagene Justin Gatlin auf Revanche. Im Finale über 200 Meter (14.55 Uhr, live Eurosport) treffen die beiden wieder aufeinander.

Gatlin ist zwar der Jahresschnellste, die 200 Meter sind aber Bolts erklärte Lieblingsstrecke. Es wäre sein insgesamt zehntes WM-Gold, der erfolgreichste Athlet der WM-Geschichte ist er bereits. Lediglich seine Fitness hat dem Titelverteidiger und Weltrekordler ein wenig Sorgen bereitet. „Ich bin müde und meine Füße schmerzen. Über 200 Meter muss ich viel arbeiten. Aber ich bin technisch besser, wir werden sehen, was passiert.“ Er sei jedenfalls bereit, „jeder weiß, worauf es hinausläuft“, sprach Bolt das Duell mit Gatlin an.

Teil zwei bei Gut gegen Böse

Der US-Sprinter gab zu, dass die knappe Niederlage über 100 Meter Spuren hinterlassen hat. „Das war auch emotional schwierig für mich“, meinte Gatlin, 33. Doch wie Bolt präsentierte er sich im Halbfinale in guter Verfassung. Für viele sind auch diesmal die Rollen klar verteilt. Wieder heißt es Gut gegen Böse, die einzige Ikone der Leichtathletik gegen den nachweislichen Dopingsünder. Gatlin wurde bereits zweimal wegen Dopings gesperrt, gegen Bolt liegen nur Verdachtsmomente vor. Sein 100-Meter-Triumph schürte erneut Misstrauen. Immerhin hatte Bolt nach monatelangen Verletzungsproblemen und wenig Wettkampfpraxis den seit knapp zwei Jahren unbesiegten Gatlin geschlagen.

Die Kenianerinnen Koki Manunga und Joyce Zakary haben dafür gesorgt, dass das Dopingthema so schnell nicht zur Ruhe kommen wird. Gestern wurden die positiven Tests der beiden Läuferinnen bekannt. Manunga (400 Meter Hürden) und Zakary (400 Meter) waren in den Vorläufen im Einsatz, beide halten den Landesrekord. Zakary hatte sich für das Halbfinale qualifiziert, trat aber nicht an, Manunga verpasste als 34. die Qualifikation. Der Weltverband suspendierte die Athletinnen, beide haben akzeptiert. Die Tests hatten am 20. und 21. August im Athletenhotel stattgefunden, Angaben zu den gefundenen Substanzen gab es keine.

Seit es bei den Dopingenthüllungen der ARD Anfang August vor allem auch Vorwürfe gegen die erfolgreiche Leichtathletiknation gegeben hat, stehen kenianische Athleten ohnehin unter Generalverdacht. Erst am Dienstag wurde über die in Kenia angeblich übliche Praxis berichtet, dass Sportler vor Kontrollen informiert werden.

Heute in den frühen Morgenstunden sind die vier verbliebenen Österreicher im Einsatz. Die Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger und Gerhard Mayer haben als Nummer fünf und sechs der Welt Finalchancen, Hürdensprinterin Beate Schrott möchte ins Halbfinale und Jennifer Wenth will über 5000 Meter vor allem Erfahrung sammeln. Ziel für den heimischen Verband ist eine Finalteilnahme.

LEICHTATHLETIK-WM ERGEBNISSE

Herren, Speerwurf: 1.Yego (KEN) 92,72 m 2. El Sayed (EGY) 88,99 3. Pitkämäki (FIN) 87,64
400 m: 1.
van Niekerk (RSA) 43,48 Sek. 2. Merritt (USA) 43,65 3. James (GRN) 43,78

Damen, 400 m Hürden: 1. Hejnova (CZE) 53,50 Sek. 2. Little (USA) 53,94 3. Tate (USA) 54,02
3000 m Hindernis: 1. Jepkemoi (KEN) 9:19,11 Min. 2. Ghribi (TUN) 9:19,24 3. Krause (GER) 9:19,25
Stabhochsprung: 1. Silva (CUB) 4,90 m 2. Murer (BRA) 4,85 3. Kiriakopoulou (GRE) 4,80

AUF EINEN BLICK

Bolt gegen Gatlin, Teil zwei: Vier Tage nach Usain Bolts 100-Meter-Sieg über Justin Gatlin kommt es heute bei der Leichtathletik-WM in Peking über die doppelte Distanz zur Revanche (14.55 Uhr, live Eurosport). Sowohl Gatlin (19,87) als auch Bolt (19,95, persönliche Saisonbestleistung) gewannen ihre Halbfinal-Läufe über 200 Meter.

Die vier verbliebenen ÖLV-Athleten sind bereits in den frühen Morgenstunden in den Vorkämpfen im Einsatz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2015)

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