Schwimmverband: Und weiterhin hoher Wellengang

Spitzenzeiten oder Streitigkeiten? In Österreich sorgen Letztere für mehr Aufsehen.
Spitzenzeiten oder Streitigkeiten? In Österreich sorgen Letztere für mehr Aufsehen.(c) APA/EPA/KIYOSHI OTA (KIYOSHI OTA)
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Gegen den Salzburger Verbandsfunktionär Christian Schneeberger laufen kriminalpolizeiliche Ermittlungen wegen Verdachts auf Betrug und Missbrauch von Fördermitteln.

Wien. Christian Schneeberger kann sehr überzeugend sein. Der Salzburger Schwimmlehrer und Multifunktionär wird seine Überredungskunst auch brauchen, wenn er im Dezember von der Kriminalpolizei unter anderem zum Vorwurf des schweren Betrugs, des Fördermittelmissbrauchs und der organisierten Schwarzarbeit vernommen wird. Seit Anfang des Jahres laufen auf Antrag der Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen ihn, seinen Bruder und einen weiteren Funktionär, Josef G., der laut Ermittlungsanordnung „als Mit- bzw. Beitragstäter zu einem Prozessbetrug in Wien über 125.000 Euro zur Anzeige gebracht“ wurde.

Eine Sachverhaltsdarstellung der Schwimm-Union Generali Salzburg vom 19. 12. 2014 hat die Sache ins Rollen gebracht. Darin werden die seit Jahren erhobenen Vorwürfe und Beschwerden aufgelistet. Die Ermittlungen bestätigten viele Vorwürfe. Schneeberger wird unter anderem verdächtigt, Landesförderungen für Trainer beim Landessportbüro abgerechnet, aber nicht an die jeweils Berechtigten weitergegeben zu haben. Außerdem soll er Schul- und Weihnachtsschwimmen fälschlicherweise als Wettkampf ausgegeben haben, um Stimmrechte bei der Präsidentenwahl im Schwimmverband zu erlangen.

Der Lauf der Fördergelder

Schneeberger bediente sich einer Gruppe von Vereinen, manche übernahm er, manche gründete er 1999/2000. Mit ihren Stimmen, sagten Zeugen aus, ließ er sich 2000 zum Landespräsidenten wählen. Fortan soll er die dem Landesverband zustehenden, mit Steuergeld geförderten Trainingszeiten im Universitätssportzentrum Rif und Fördergelder an „seine“ Vereine verteilt haben.

Die Ergebnisse der Ermittlungen liegen der „Presse“ vor, ihnen zufolge veranstaltete er im Sportzentrum Rif gegen Kursgebühr, teils in bar, Anfängerkurse. Die sind in Rif, das dem Leistungsschwimmen vorbehalten ist, untersagt. Auf Beschwerden des Geschäftsführers Walter Becker reagierten die zuständigen Landesräte, erst Othmar Raus und später David Brenner, nicht. Vielleicht liegt der Grund in Schneebergers Vergangenheit als FPÖ-Gemeinderat. Bis heute vertritt ihn Anwalt Andreas Schöppl, im Nebenberuf Chef der Salzburger Landes-FPÖ.

Der OSV kümmerte sich lang nicht um die Beschwerden über Schneebergers Regime, 2012 jedoch schloss er den Landesverband und Schneebergers Klubs aus, änderte die Statuten und gründete einen neuen Landesverband. Schneebergers Klubs sind Mitglieder, entfalten aber keinerlei sportliche Aktivitäten und sind im OSV nicht stimmberechtigt. Schneeberger war seine Einnahmequelle abhandengekommen.

Also behauptete er namens des Schwimmteams Delphin, wegen des Ausschlusses eines Sponsorversprechens 125.000 Euro verlustig gegangen zu sein. Die Forderung, den von Josef G. versprochenen Betrag ausgezahlt zu bekommen, wurde von der zweiten Instanz abgewiesen. Ob die Revision vom Obersten Gerichtshof zugelassen wird, ist fraglich.

Die Mitgliedschaft „per Zufall“

Er kooperiert mit einer Gruppe, die seit Jahren auch mit unbewiesenen Behauptungen wie Konkursverschleppung gegen den OSV Stimmung macht, auf dessen teils misswirtschaftliche Vergangenheit hinweist und Bemühungen der neuen Führung negiert. Das tun Zeljko und Dinko Jukić, Nikolaus Formanek, Anwalt Thomas Krankl und Lobbyist David Ungar-Klein.

Schneeberger könnte nun selbst Ziel finanzrechtlicher Erhebungen werden. Ein Ermittlungszeuge schildert, dass im Mai 2010 die Brüder Schneeberger Bareinzahlungen von je 192.102,54 Euro tätigten, um den Hälfteanteil einer Halle zu erwerben, die in ein Schwimmbad hätte umgebaut werden sollen. Woher hatte Christian Schneeberger so viel Geld? Vielleicht aus seinem Privatvermögen. Die im Ermittlungsakt angeführten offiziellen Einnahmen jedenfalls reichen dafür nicht aus.

Die mutmaßliche Erklärung liefert eine Zeugin. Sie arbeitete als Trainerin der Schneebergers und kassierte auch Kursgebühren. 100 Euro pro Kind, 20 bis 25 Kinder pro Kurs, mehrere Kurse pro Tag. „An so einem Samstag muss ich umgerechnet ca. 20.000 Euro eingenommen haben“, sagte die Zeugin. Die Vereinsmitgliedschaft wurde „per Zufall“ zugewiesen, die Eltern der Kursteilnehmer hatten kein Mitspracherecht und wussten oft gar nicht, dass ihre Kinder – für die Kursdauer – Vereinsmitglieder waren. Die Trainerin lieferte das Geld ab und kann sich an Situationen erinnern, „wo die beiden das Geld genommen und sich buchstäblich in die Hosentasche steckten“.

Christian Schneeberger beantwortete die an ihn gestellten Fragen nicht, sein Bruder war nicht erreichbar. Josef G. sieht der Einvernahme „mit Gelassenheit“ entgegen. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2015)

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