Lockruf der NBA: Rebound in einer anderen Welt

Utahs Fels unter dem Korb: der Wiener Jakob Pöltl.
Utahs Fels unter dem Korb: der Wiener Jakob Pöltl.(c) APA/FLORIAN HASELMAYER
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Jakob Pöltl, 20, genießt den Höhenflug in den Basketball-verrückten USA. Im Juni wartet der NBA-Draft.

Salt Lake City. Der Wiener Jakob Pöltl bringt das Basketball-verrückte Amerika ins Schwärmen. Der 20-Jährige, 2,13 Meter große Mariahilfer sorgt auch in seiner zweiten Saison in der College-Liga NCAA für Aufsehen. Seine Würfe, Dunks und Rebounds begeistern bei den Utah Utes die Massen. Seine blockierten Würfe erreichen Spitzenwerte der gesamten Liga und nicht nur „NY Times“ oder „Sports Illustrated“ haben die geradezu märchenhafte Geschichte des Sohnes zweier ehemaliger Volleyballer bereits geschrieben.

Es werden weitere Kapitel folgen über den Jungen, der bei den Timberwolves in Donaustadt sein Talent schulte, bei Traiskirchen in der Bundesliga spielte, aber bei der U18-EM 2013 in Mazedonien seinen größten Erfolg feierte, weil er von einem Trainer entdeckt worden war. Er lockte ihn nach Amerika, mit einem Stipendium an die Universität von Utah. Pöltl war schon in der vergangenen Saison der überragende Mann auf dem Parkett, führte sein Team sogar in die Playoffs. Auch in dieser Saison deutet alles auf weitere Höhenflüge hin – mit einem womöglich sport-historischen Finale am 23. Juni in New York. Dann wählt die Profiliga NBA ihre neuen Spieler aus; Insider, Scouts und Trainer handeln Pöltl bereits als „Top-Pick“. Dann wäre er der erste Österreicher in der besten Basketballliga der Welt.

„Das war schon immer mein Traum, das will ich unbedingt erreichen – wenn ich dafür auch bereit bin, wird es mir auch gelingen“, erzählte Pöltl der „Presse“ bei einem Skype-Talk vor wenigen Wochen noch. Geld stehe dabei nicht im Vordergrund, es müsse Sinn machen, und deshalb hatte er nach Rücksprache mit seinem Coach und Mentor Larry Krystkowiak mögliche Millionen-Offerte ausgeschlagen und noch ein weiteres College-Jahr angehängt. Er hatte Krystkowiak damals gefragt: „Coach, bin ich bereit für die NBA?“ Seine Antwort war kurz und prägnant: „No. Definitely not.“

Kraft, viel mehr Gewicht

Pöltl verfügt über eine Gabe. Er ist groß, aber zugleich extrem beweglich, Motorik und Koordination stimmen. Das ist im Basketball die Grundvoraussetzung, freilich neben einer ruhigen Wurfhand und dem nötigen Gewicht, der Kraft. Wer unter dem Korb nicht weggeschoben werden will, muss in diesem (an sich körperlosen) Sport dagegenhalten. Schon auf dem College, besonders aber bei den Profis. Da sah Krystkowiak den größten Handlungsbedarf, Pöltl war zu leicht, zu schwach, nicht kräftig genug. Jetzt wiegt er ca. 115 Kilogramm, das Krafttraining machte sich bezahlt – jetzt ist er der Spieler, der sich in der Zone den nötigen Platz verschafft.

Österreichs große Basketball-Hoffnung ist in Salt Lake City längst kein Unbekannter. Auf dem Campus, im japanischen Restaurant seines Vertrauens oder im Taxi: Man erkennt den Wiener. Fotos und Autogramme werden häufiger. Es ist sein spektakuläres Spiel, das ihn populär macht. Ein Dunk wurde Highlight der TV-Woche, er ist für den Kareem-Abdul-Jabbar-Award (die Lakers-Legende hält den Rekord der meisten NBA-Punkte; 38.387) nominiert und wird laufend mit weiteren Preisen in Verbindung gebracht. Auszeichnungen, die ihn weiter ins Rampenlicht rücken, für die NBA interessant machen. Zu Kopf steigen ihm die Lorbeeren nicht: „So etwas ist ein kurzer, schöner Moment, eine kleine Bestätigung. Aber es geht schnell zurück ins normale Leben.“

Erst die Kurse, dann der Ball

Normal ist derzeit für den Wirtschafts-Studenten der Alltag auf dem Campus der Universität von Utah. Dreimal pro Woche warten vormittags Kurse, nachmittags die Trainingseinheiten. Einmal pro Woche skyped Pöltl mit seiner Familie. Anfragen von Agenten, die ihn ins Profigeschäft führen wollen, sammelt ausnahmslos seine Mutter. „Sie hält mir den Rücken frei, dafür bin ich sehr dankbar.“

Gegen Washington zeigte er sein Können, steuerte beim 90:82 23 Punkte bei. Der Wiener versenkte elf Würfe vor 11.675 Zuschauern. In der Pac-12-Conference liegt Utah auf Platz vier – dieser würde ein Freilos in der ersten Runde des Conference-Finalturniers sichern. Wohin sein Weg dann führen wird, bleibt abzuwarten. Er ist Celtics-Fan, erfüllte sich mit Spielen im Madison Square Garden bereits einen Kindheitstraum, womöglich wird dieses Parkett sein künftiger Arbeitsplatz? Pöltl lacht. Er wartet, beobachtet. Er genießt. (dat)

AUF EINEN BLICK

Jakob Pöltl, 20, ist Österreichs größte Basketball-Hoffnung. Aktuell spielt der 2,13 Meter große Wiener in der Collegeliga NCAA für Utah, gilt als Top-10-Tipp für das Auswahlverfahren (Draft) der Profiliga am 23. Juni in New York.

Der Wiener bestreitet seine zweite NCAA-Saison – und wäre der erste Österreicher, der in der National Basketball Association spielt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2016)

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