Georg Preidler: „Mein Herz schlägt für den Giro“

Georg Preidler (Archivbild) verpasste auf der Königsetappe den ersten Etappensieg und damit die große Sensation nur knapp.
Georg Preidler (Archivbild) verpasste auf der Königsetappe den ersten Etappensieg und damit die große Sensation nur knapp.(c) APA/AFP/KENZO TRIBOUILLARD
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Der Steirer Georg Preidler, 25, fuhr sich beim 99. Giro d'Italia ins Rampenlicht. Über das besondere Flair der Rundfahrt, Abhilfe gegen Lagerkoller und den großen Traum von Olympia.

Andalo/Wien. Die Begeisterung der italienischen Radsport-Tifosi ist legendär, sie verleiht dem Giro d'Italia alljährlich sein ganz besonderes Flair. Ist bei der Tour de France alles ein Stück größer, imposanter, aber auch stressiger, hat die Italien-Rundfahrt nicht zuletzt dank der südländischen Mentalität einen Platz im Herzen vieler Profis gefunden. Auch Georg Preidler, der heuer zum zweiten Mal nach 2014 mitfährt, deklariert sich als großer Fan. „Mein Herz schlägt für den Giro, das ist meine Lieblingsrundfahrt“, erklärt der Steirer in Diensten des deutschen Teams Giant-Alpecin. „Das Flair, das Essen, die Leute – hier ist es einfach die perfekte Mischung.“

Preidler hält in der Schlusswoche der 99. Auflage gemeinsam mit Stefan Denifl (IAM) und Riccardo Zoidl (Trek) die rot-weiß-rote Fahne hoch. Nach Platz zwei im Zeitfahren durch Denifls Teamkollegen Matthias Brändle, der bereits ausgestiegen ist, schrammte Preidler bei der Königsetappe am Samstag hauchdünn am ersten Giro-Etappensieg eines Österreichers vorbei. Nach der fast sechsstündigen Dolomiten-Prüfung mit mehr als 5000 Höhenmetern musste er sich erst im Sprint geschlagen geben. Im Ziel überwog zunächst der Ärger. „Aber das war schon eine echt starke Leistung. Bis auf den zu früh angesetzten Sprint habe ich alles richtig gemacht. Und das ist eine Frage der Erfahrung“, sagt der 25-Jährige.

Etappenziele

Der Ausstieg von Team-Leader Tom Dumoulin – der Niederländer musste wegen Wundstellen am Gesäß auf der 11. Etappe aufgeben – hat Preidler neue Möglichkeiten eröffnet. „Jetzt muss ich nicht mehr für einen anderen das Tempo machen, sondern kann mir eine starke Fluchtgruppe suchen“, erklärt er im Gespräch mit der „Presse“ seine neue Rolle. „Das ist eine tolle Chance für mich, andererseits ist es natürlich schade, dass Tom absteigen musste. Ohne Regen im Zeitfahren hätte er sicher gewonnen, dann hätten wir noch einige Tage das Rosa Trikot gehabt.“

In der Gesamtwertung lag Preidler zwischenzeitlich sogar auf Rang vier und ist nach wie vor bester heimischer Profi, legt darauf aber wenig Wert. „Abgesehen vom Sieger weiß von dieser Platzierung spätestens im nächsten Monat niemand mehr“, sagt der Steirer. Seine Konzentration gilt daher einzelnen Etappen. „Wenn sich die Chance bietet, mit einer starken Gruppe zu entkommen und zu gewinnen, dann weiß das die kommenden Jahre jeder.“

Die erhoffte Gelegenheit auf dem 16. Teilstück am Dienstag von Brixen nach Andalo aber ergab sich für Preidler nicht. Der Allrounder musste sich nach 132 km mit zwei Bergen der zweiten und einem der dritten Kategorie mit dem 52. Platz begnügen. Der Niederländer Steven Kruijswijk (Lotto) behauptete als Zweiter die Gesamtführung. Die nächste und letzte Chance auf einen Tagessieg rechnet sich der Giant-Profi für die 18. Etappe am Donnerstag aus. „Auf den anderen sind die Berge zu schwer.“

Neben den sportlichen Hürden gilt es während der drei Wochen auch, Lagerkoller zu vermeiden. Regelmäßig tauscht sich Preidler mit den anderen Österreichern via WhatsApp aus, im eigenen Team setzt er im Gegensatz zu den meisten Kollegen auf Doppelzimmer. „Allein wäre das nach gewisser Zeit doch langweilig“, erzählt der Steirer. So werden gemeinsam mit dem Deutschen Niklas Arndt abends Serien geschaut. „Alles, was Netflix so bietet.“

Qual der Wahl

Mit der Tour de France (ab 2. Juli) und den Olympischen Spielen (ab 10. August) warten im Sommer zwei absolute Highlights – Preidler ist in beiden Fällen Kandidat für eine Nominierung. Der Kurs in Rio („wunderschön und schwierig“) dürfte ihm liegen, ein Start unter den fünf Ringen wäre die Erfüllung eines Traums. „Olympia ist für jeden Athleten das Größte.“ Dass die Vorbereitung aber die Konzentration auf ein Rennen verlangt, könnte zur Qual der Wahl führen. „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Nächstes Ziel sind die Österreichischen Meisterschaften, und davor freue ich mich auf ein paar Tage Pause nach dem Giro“, meint der Zeitfahr-Staatsmeister. Im Fall des Falles obliege die Entscheidung ihm. „Auch wenn Giant mein Arbeitgeber ist, niemand kann mich zu etwas zwingen.“

Die Zukunft des heimischen Radsports sieht Preidler optimistisch. „Die Nachwuchsarbeit trägt langsam Früchte“, ist er von künftigen österreichischen Etappensiegen überzeugt. Noch aber bittet er die Fans um Geduld. „Wir sind alle noch jung, ein bisschen wird es noch dauern. Aber es ist definitiv viel möglich. Wenn man es immer weiter probiert, geht es irgendwann auf.“

AUF EINEN BLICK

Georg Preidler, 25, fährt seit 2013 für Giant-Alpecin (früher Argos-Shimano). Der Steirer bestreitet zum zweiten Mal nach 2014 den Giro d'Italia und seine insgesamt vierte Grand Tour.

16. Etappe (132 km): 1. Valverde (ESP) 2:58:54, 2. Kruijswijk (NED) + 0:00, 3. Zakarin (RUS) + 0:08. Weiters: 22. Zoidl + 5:02, 52. Preidler, 59. Denifl je + 17:21.

Gesamt (16 v. 21 Etappen): 1. Kruijswijk 63:40:10 Std., 2. Chaves + 3:00, 3. Valverde + 3:23, 26. Preidler + 48:58,
41. Zoidl + 1:22:42, 59. Denifl + 1:56:40.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2016)

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