Heftige Olympia-Debatte um Russland

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OLY-DOPING-2016-RUS-IOC(c) APA/AFP/FABRICE COFFRINI (FABRICE COFFRINI)
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IOC lässt in heikler Dopingfrage die jeweiligen 28 Weltverbände entscheiden.

London/Moskau. Thomas Bach ist ein Sportdiplomat. Der Deutsche versteht sein Handwerk, und dieser Tage ist sein Geschick als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees gefragt. Sollen russische Sportler bei Olympia in Rio de Janeiro (ab 5. August) trotz anhaltender Dopingverdächtigungen starten oder nicht, die Sportwelt scheint gespalten.

Bach überlässt diese Entscheidung nun den 28 Weltverbänden seiner Olympischen Sportarten. Erteilen sie Russen keine Freigabe, wird der Start verweigert.

Der Entscheid des Leichtathletik-Weltverbandes, die seit November 2015 anhaltende Suspendierung über die Dauer der Spiele fortzusetzen, sorgt seit Freitag für Anfeindungen. Der Chef des russischen Olympia-Komitees, Alexander Schukow, kündigte an, dass Einspruch beim Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne eingelegt werde – im Namen aller, „die noch nie gegen die Anti-Doping-Regeln verstoßen haben!“

Ernsthafte Zweifel, aber . . .

Russland gilt im Sport als „Global Player“, ob Athleten, Trainer, Klubs – und Sponsoren, alle sind weitreichend vernetzt, engagiert. Nun benötigen „Sportler aus Russland und Kenia für ihre Teilnahme in Rio die Freigabe durch die Fachverbände“. Bach nimmt Funktionärskollegen nicht nur in die Pflicht, er rückt sich aus der Kritik – und bewahrt das IOC von möglichen Klagen, dem Verlust treuer Sponsoren. Aber: Er begrüßte die strenge Haltung und Entscheidung der IAAF.

Diese Haltung ist logische Konsequenz der festgestellten Mängel im Anti-Doping-Kampf. „Es bestehen ernsthafte Zweifel an der Unschuldsvermutung zugunsten russischer und kenianischer Athleten“, hielt Bach fest, so steht es auch in der Aussendung. Die medizinischen Auflagen sind fragwürdig, deren Evaluierung und Sinn öffnet nun Raum für Spekulationen. Sportler müssen außerhalb Russlands – nicht funktionierenden Anti-Doping-Systems – getestet worden sein bzw. noch werden. Damit bestätigt das IOC erneut die IAAF. Über Zeitraum oder Test-Art wurde nichts bekannt.

Passend dazu wurde am Dienstag, wenige Stunden vor der IOC-Erklärung, vom Kreml eine Aussendung gemacht. Die „Option“, dass Russland aufgrund der verhängten Olympiasperre über alle Leichtathleten gar einen Boykott der Rio-Spiele in Erwägung zieht, sei nun vom Tisch. Man wolle keinen „Präzedenzfall schaffen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. „Präsident Putin ist überzeugter Anhänger der olympischen Ideale und ein überzeugter Gegner von allem, das diesen Ideen schaden kann.“ Brot, Spiele, Medaillen, Live-TV, Sponsoren, Werbegelder – und „Idole“ für die Jugend. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2016)

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