Segeln: Die Krönung unter dem Zuckerhut

Thomas Zajac und Tanja Frank: So strahlen Medaillengewinner.
Thomas Zajac und Tanja Frank: So strahlen Medaillengewinner.(c) APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Thomas Zajac und Tanja Frank retteten mit Bronze in Wahrheit Österreichs kompletten Olympia-Auftritt in Rio. Sie erfüllten sich auch einen Kindheitstraum, ihr weiterer Kurs ist noch offen.

Rio de Janeiro. Wer bei Olympia lang auf eine Medaille warten muss, möchte tüchtig bis ausgelassen feiern, wenn sie einmal gewonnen ist. Im Fall des ÖOC-Teams, das seit Peking 2008 auf Edelmetall bei Sommerspielen warten musste, war es nun so weit: Die Nacra17-Segler Thomas Zajac und Tanja Frank gewannen in Rio de Janeiro Bronze bei ihrem Olympia-Debüt. Und als sie zu später Stunde im Österreich-Haus zu Botafogo angekommen waren, erklang sofort Fendrichs Klassiker „I am from Austria“. Sie wurden prompt zum DJ auf das Podest gehoben, gefeiert, fotografiert, Brasilianer schwangen Österreich-Fahnen – und irgendwann trällerte die Band noch „Letzte Nocht, woa a schware Partie fia mi“ ins Mikrofon. Im Morgengrauen war dieses Spektakel wieder vorbei.

Dabei hätte sich dieses Duo weitaus mehr Aufmerksamkeit verdient. Eine noch größere Bühne, noch mehr Zeit, um ihre Geschichte, den gemeinsamen Erfolgsweg zu erzählen. Aber da war die Feier schon angelaufen . . .

Als Kleinkind schon im Boot

Tanja Frank wurde schon als zweieinhalbjähriges Kleinkind von ihren Eltern auf der Alten Donau in ein Boot gesetzt. Wer sich so etwas traut, muss Selbstvertrauen haben. Angst, sagt sie, hatte sie keine, sie wähnte sich gleich auf dem Waser geborgen. Die 23-jährige Wienerin lacht, sie fasziniert und ihren Worten schenkt man besser Gehör – sie hat einen IQ von 158 und studierte bereits als Teenager.

Thomas Zajac trug 2009 nach einem Sturz aus 14 Metern Höhe in einer Kletterhalle drei Monate lang ein Gipskorsett. Er brach sich den ersten und zweiten Lendenwirbel, „ich spürte lange Zeit meine Beine nicht“, erzählte er mit seiner Bronzenen um den Hals immer wieder. Der Sohn eines ehemaligen polnischen Olympia-Seglers (1980) und Flüchtlings entging damals nur knapp der Querschnittslähmung.

Alles im Leben habe einen Sinn, lautet ihr Credo und nachdem sie seit 2012 im gleichen Boot sitzen, wissen sie, ähnlich einem Ehepaar, über alle Tücken, Tricks, Mätzchen und Eigenheiten des anderen bestens Bescheid. Das sei, sagt Zajac, der gegenüber Medien offener und eloquenter auftritt, „immens wichtig. Wir vertrauens uns blind. Jeder weiß, was der andere macht. Es war ein langer Weg für uns, wir galten für alle nur als Außenseiter – aber wir haben es allen doch noch gezeigt.“

Segeln ist ein toller Sport, und trotzdem nicht jedermanns Sache. Auch im Hinblick auf die Kosten – ein Nacra17-Boot kostet 17.000 Euro – ist die Frage nach der Breitenwirkung vernachlässigbar. Selbst welchen Kurs Zajac/Frank nun einschlagen werden, ist unklar. Ebenso, mit welchen Sponsoren, Partnern etc. Es herrscht Klärungsbedarf, aber erst, wenn sie wieder in Wien sind. Beide beteuern, dass sie ihr Leben nur bis zu diesem Medal Race geplant hatten. Auch deshalb glänzt für sie diese Bronzemedaille wohl so grell.

Dass sie ihre Fahrt gemeinsam in diesem Mehrrumpfboot fortsetzen wollen und eventuell sogar schon bis Tokio 2020 und der neunten ÖOC-Medaille durch OesV-Segler planen, wollte keiner näher ausführen. Mit dem Erreichten wurde jedenfalls ein Kindheitstraum verwirklicht, was nun komme, sei die Draufgabe.

Wenn der Wind dreht

Wie schnell und leicht eine einzige Medaille Wind und kritische Strömungen drehen, ja sogar vergessen lassen kann, weiß Segel-Sportdirektor Georg Fundak nur allzugut. Seit Athen 2004 fuhr der Ungar diesem Edelmetall schon hinterher. Der Schatten der Tornado-Sieger Hagara/Steinacher war lang, die Erwartungen ungeheuer hoch und dementsprechend umso größer die Enttäuschungen und der Erklärungsbedarf gegenüber den Arbeit- und Geldgebern, die Reisen, Technik, Material etc. finanzieren mussten und im Gegenzug dafür Wertvolles verlangten.

Fundak, seit gestern auch „sehr stolzer Opa“, weiß, dass ihn zwei Außenseiter in ruhigeres Gewässer geführt haben. Er kann weiterplanen, Segel und Bojen setzen, Wind und Wellen analysieren. Er sagt: „Sie haben das gebracht, was sie können, haben die Nerven bewahrt. Sie waren viel besser, als ich gehofft habe.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2016)

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