Nach dem Hackerangriff auf die Datenbank der Welt-Antidopingagentur weisen US-Sportlerinnen die erhobenen Anschuldigungen zurück. Russland streitet eine Involvierung der Regierung oder des Geheimdienstes ab.
Wien. Der Hackerangriff auf die Datenbank der Welt-Antidopingagentur schlägt hohe Wellen. Von einem Versuch, „das globale Antidopingsystem zu unterminieren“, sprach die Wada selbst, das Internationale Olympische Komitee wertete die Cyberattacke als Versuch, „saubere Athleten zu beflecken“. Hinter dem Angriff steckt das Tsar Team (APT28), das auch als Fancy Bear bekannt ist, und von westlichen IT-Sicherheitsfirmen als Gruppe mit mutmaßlicher Nähe zu russischen Geheimdiensten geführt wird.
Auf ihrer Homepage stellten die Hacker Informationen über US-Athleten online und kündigten „sensationelle Beweise“ dafür an, dass berühmte Sportler dopen würden. Bei den Olympischen Spielen in Rio habe das US-Team „gut, aber nicht fair gespielt“, hieß es auf der Website. Medaillen würden mit schmutzigen Methoden gewonnen. Sportler dürfen mitunter Medikamente einnehmen, die auf der Dopingliste stehen, müssen dies jedoch medizinisch begründen und genehmigen lassen.
Als eine der Betroffenen der Veröffentlichungen meldete sich Turn-Olympia-Siegerin Biles via Twitter zu Wort. „Ich glaube an einen sauberen Sport, habe immer die Regeln befolgt und werde dies weiterhin tun“, schrieb die 19-Jährige und verwies auf ihre medizinische Ausnahmegenehmigung wegen einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Basketballerin Delle Donna bedankte sich sarkastisch bei den Hackern, die „die Welt darauf aufmerksam gemacht haben, dass ich gegen eine bei mir diagnostizierte Krankheit ein Medikament nehme, für das mir die Wada eine Ausnahme erlaubt hat. Danke Leute“. Auch Tennisspielerin Venus Williams betonte, sich an alle Vorschriften gehalten zu haben.
IOC: Keine Verstöße
Die Wada erklärte, dass die Hackergruppe sich über einen für Olympia erstellten IOC-Account Zugriff auf die sensiblen Daten verschafft haben sollen. „Wir bedauern diese Situation und sind uns bewusst, dass die Veröffentlichung der im Zuge einer kriminellen Handlung erlangten Informationen eine Bedrohung für die Sportler sind“, sagte Generaldirektor Olivier Niggli. Das IOC erklärte umgehend, dass die genannten Sportler in Rio keine Verstöße gegen die Antidopingregeln begangenen haben. Im Hinblick auf die Urheberschaft der Cyberattacke hieß es in einer offiziellen Stellungnahme aus Moskau, eine mögliche Beteiligung der russischen Regierung oder des Geheimdienstes „steht außer Frage“, so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
Auffällig ist jedoch, dass vor einigen Wochen bereits die elektronische Wada-Akte von Julia Stepanowa, die als Whistleblowerin die Ermittlungen zum russischen Staatsdoping eingeleitet hat, gehackt worden sind, um an ihren Aufenthaltsort zu gelangen. Die 800-Meter-Läuferin ist mit ihren Mann in die USA geflohen. (swi)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2016)