Römische Absage an Olympia

Rome´s Mayor Virginia Raggi attends a news conference at Rome´s famed Spanish Steps after restoration work that lasted almost a year in Rome
Rome´s Mayor Virginia Raggi attends a news conference at Rome´s famed Spanish Steps after restoration work that lasted almost a year in Rome(c) REUTERS (ALESSANDRO BIANCHI)
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Die neue Bürgermeisterin Virginia Raggi hat gegen den Widerstand einflussreicher Interessengruppen der Bewerbung Roms für die Sommerspiele 2024 die Unterstützung entzogen.

Rom/Wien. Die Strahlkraft der Olympischen Spiele hat in der westlichen Welt Grenzen erreicht. Beim weltgrößten Sportfest wird zwar fleißig zugeschaut und mitgejubelt, die Austragung und die damit verbundenen Millionenkosten dürfen bzw. sollen aber andere übernehmen. Ob Hamburg, Boston, München, Graubünden, Stockholm oder Oslo – Einwohner und Stadtverwaltungen haben ihr Desinteresse daran in der Vergangenheit zur Genüge kundgetan. In die Liste der Absagen an Olympia reiht sich nun auch Rom ein.

Am Mittwoch entzog Neo-Bürgermeisterin Virginia Raggi der Bewerbung ihre Unterstützung. „Wir sagen Nein zu den Olympischen Spielen des Zements“, erklärte die 38-Jährige, die damit den zweiten Rückzieher nach 2020, als eine Finanzkrise die Träume von Italiens Hauptstadt beendete, besiegelte. Die Austragung von drei Gruppenspielen und einem Viertelfinale bei der paneuropäischen Fußball-EM 2020 bezeichnete sie hingegen als Ehre. Das Nationale Olympische Komitee Italiens (CONI) akzeptierte den Beschluss, Präsident Giovanni Malago kündigte allerdings an, eine Entschädigung in Rechnung zu stellen: „Die Stadt und der Stadtrat müssen die Verantwortung übernehmen.“ Schließlich sei die Bevölkerung nicht gefragt worden. Raggi wies dies damit zurück, dass ihr Wahlsieg mit 67 Prozent der Stimmen gezeigt habe, dass die Mehrheit der Bewohner ihre Einstellung zu Olympia teile.

Die Politikerin der Fünf-Sterne-Protestbewegung hat schon vor ihrem Triumph Anfang Juni die Kandidatur als unverantwortlich kritisiert. „Olympische Spiele sind ein Blankoscheck, den die Städte, die sie austragen, zahlen müssen. Olympia ist ein Traum, der zum Albtraum wird.“

Kampf den Baulöwen

Mit der Einhaltung ihres Wahlversprechens bewies Raggi Rückgrat, hielt sie doch dem Widerstand einflussreicher Machtgruppen stand. Skrupellose Baulöwen, diverse Sportfunktionäre, die auf eine Wiederwahl pochen, und von Baufirmen instrumentalisierte Medien haben in den vergangenen Wochen nichts unversucht gelassen, um die Rechtsanwältin umzustimmen. „Wir haben einem System standgehalten, das 30 Jahre lang nur an Zement gedacht und die Stadt schwer verschuldet hat“, sagte der Abgeordnete Alessandro Di Battista, der ebenfalls der Protestpartei angehört. Rom habe immer noch Schulden für die Fußball-WM 1990 oder die Schwimm-WM 2009 abzuzahlen und keine finanziellen Kapazitäten für neue Großprojekte.

In bestimmten Kreisen hat sich Raggi mit ihrem konsequenten Verhalten keine Freunde gemacht, dafür ein Stück weit die Gunst der Wähler zurückgewonnen. Das Image der ersten Frau an der Spitze der Ewigen Stadt hat durch die Turbulenzen im Kapitol rund um die Entlassung ihres Kabinettschef sowie die Abgänge der Chefs der Verkehrsbetriebe und der Abfallentsorgung gelitten, zudem erweist sich der Kampf gegen Korruption und Günstlingswirtschaft als härter als gedacht. Die Olympia-Absage lässt ihre Popularitätswerte nun aber wieder steigen.

Ein Trio noch im Rennen

Nach dem römischen Nein rittern noch Budapest, Los Angeles und Paris um die Austragung der Sommerspiele 2024, die Entscheidung fällt im Sommer 2017 im Rahmen der IOC-Tagung in Peru. Obwohl Umfragen auch in der französischen Hauptstadt einen wachsenden Protest der Bevölkerung gegen das Großereignis ausmachen, steht Bürgermeisterin Anne Hidalgo hinter der Kandidatur. Unter dem Motto „Kraft eines Traums“ sollen die Olympischen Sommerspiele zum dritten Mal nach 1900 und 1924 in Paris ausgetragen werden, allein 145 Millionen Euro dafür in die Verbesserung der sportlichen Infrastruktur fließen.

Los Angeles war nach der Absage Bostons zwar nur die zweite US-Wahl, dafür verlaufen die Vorbereitungen bislang jedoch ohne Probleme. Budapest dürfte aus dem Trio die geringsten Chancen auf den Zuschlag haben. (swi/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2016)

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