Vermessung von Profi und Fahrrad

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CYCLING-BEL-CRITERIUM(c) APA/AFP/Belga/VINCENT JANNINK
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Bei der Tour de France wurden heuer 127,8 Millionen Datensätze gesammelt und analysiert, bald könnte damit auch der Kampf gegen Doping unterstützt werden.

Exakt 3529 Kilometer war die 103. Auflage der Tour de France im vergangenen Sommer lang, Sieger Chris Froome bewältigte die 21 Teilstücke in der Gesamtzeit von 89:04,48 Stunden. Diese Eckdaten und Bilder der sich auf den Berg schlängelnden Radprofis reichen beim berühmtesten Radrennen der Welt aber nicht mehr aus. Wurden noch vor wenigen Jahren die Abstände in Begleitfahrzeugen händisch mitgestoppt, können sich Fans wie Experten inzwischen ein weitaus detaillierteres Bild machen. Steigungen, Geschwindigkeiten, Positionen – all diese Informationen werden direkt auf den Bildschirme mitgeliefert.

Vorangetrieben wird die Entwicklung vom südafrikanischen IT-Dienstleister Dimension Data, der Sponsor des gleichnamigen Rennstalls ging 2015 eine Kooperation mit Tour-Organisator ASO ein. „Im Mittelpunkt unserer Bemühungen steht das Bestreben, den Radsport zum nachhaltigen Erlebnis für die Fans zu machen und Innovation in diesem spannenden Hochleistungssport zu fördern“, erklärte CEO Brett Dawson damals. In diesem Sommer wurden nun erstmals die Rennräder aller Fahrer mit GPS-Sensoren ausgestattet, die gesammelten Informationen in Echtzeit während des Rennens aufbereitet und direkt in die heimischen Wohnzimmer gebracht.

Position, Wind, Tempo

127,8 Millionen Datensätze waren es am Ende dieser Tour, verarbeitet wurden sie im 39 Tonnen schweren und 22 Mitarbeiter starken Big Data Truck, wo sie analysiert und schließlich der Allgemeinheit im Internet zur Verfügung gestellt wurden. Interessierte konnten dann von der Position über den Abstand bis hin zur Windrichtung und -geschwindigkeit alles genauestens einsehen: Dass die Durchschnittsgeschwindigkeit von Sieger Froome mit 39,6 km/h exakt 1,66 km/h über jener des Peloton lag oder der einsetzende Hagel auf den letzten fünf Kilometern der neunten Etappe eine Geschwindigkeitsreduktion von 31 Prozent zur Folge hatte.

Noch sind die Kennzahlen der Profis ein Tabu, dahinter steckt nicht etwa mangelnde Technik, sondern die fehlende Unterstützung der Teams. Mit zusätzlichen Sensoren ließe sich von der Wattanzahl bis zur Herzfrequenz alles messen, doch die Rennställe sträuben sich noch gegen die Veröffentlichung der hochsensiblen Daten. So liegt es an den Fahrern selbst, wie Froome den Schritt nach vorn zu wagen, um wiederkehrende Dopinggerüchte zu entkräften.

Selbst das zuletzt ins Blickfeld geratene Motor-Doping, also Betrug mit versteckten Motoren, wäre anhand von Algorithmen feststellbar, dafür bedürfe es aber eines Auftrags des Internationalen Radsportverbandes. Dennoch scheint es nur eine Frage der Zeit, bis der gläserne Radsportler Realität wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2016)

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