NBA: Der große Wurf eines Österreichers

BASKETBALL: TRAINING VON JAKOB P�LTL IN TORONTO
BASKETBALL: TRAINING VON JAKOB P�LTL IN TORONTO(c) APA/ERNST WEISS
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Jakob Pöltl, 21, ist der erste Österreicher in der besten Profiliga der Welt, mit den Toronto Raptors bezwang der Wiener Detroit mit 109:91. Es ist der Wurf gegen die Superstars dieser Branche, ein Zahlenspiel – mit „Open House“-Regeln.

Toronto/Wien. Ein Österreicher spielt in der National Basketball Association, der NBA, der besten Basketballliga der Welt. Was jahrzehntelang als schier undenkbar galt, wurde Wirklichkeit: Jakob Pöltl wurde im Juni von den Toronto Raptors verpflichtet und bestritt nun zum Saisonstart seinen ersten Einsatz. Gegen die Detroit Pistons kam der 21-Jährige, 2,14 Meter große Wiener im Air-Canada-Center vor 19.800 Zuschauern zu 12:47-Spielminuten. Er verbuchte beim 109:91-Sieg zwei Punkte per Dunk (Stopfer), zwei Offensivrebounds – und fünf Fouls.

Die Kritiken über Pöltls Debüt gingen jedoch in zwei Richtungen. Einem Rookie, also Neuling, dürfe man nicht zu viel aufbürden im Spielaufbau, im Spielverständnis. Das sei Pöltls Mitspieler Pascal Siakam aber auch, der Kameruner kam auf vier Punkte, neun Rebounds und einen Steal (Ballgewinn). Pöltls Fehlwürfe, vor allem fünf Fouls, riefen Kritiker auf den Plan. Er mache noch Fehler, brauche Zeit, sagt Trainer Dwayne Casey, „er wird noch viel lernen, seine Chancen bei uns bekommen. Jakob ist ein großes Talent, seine Schnelligkeit bei seiner Größe ist wirklich außergewöhnlich.“

113 Legionäre, 61 Europäer

Pöltl, der in Mariahilf aufgewachsen ist und bei den Timberwolves in Donaustadt Basketball spielen und lieben lernte, ist einer von 113 Legionären in der NBA, die ihren weltweiten Höhenflug seit Ende der 1980er-Jahre vor allem den Glanztaten von Ikonen wie Michael Jordan, Magic Johnson oder Larry Bird verdanken. Die Namen von NBA-Spielern galten als Begriff, ihre Trikots als Kassenschlager, und seit Barcelona 1992 sind sie der Ticketseller bei Sommerspielen. Doch das Spiel hat sich verändert und mit ihm der Glamour, der Starkult – längst stellen sich Gegner nicht mehr um Autogramme an, daran hat die Rekordzahl von 113 Legionären (61 Europäer) aus 41 Ländern großen Anteil.

Auf Amerikas Siegesserie aber hat es keinerlei Auswirkung, und dem Geldsegen der NBA – 24 Milliarden Dollar für TV-Vertrag, LA Lakers mit 2,63 Milliarden Dollar Marktwert laut „Forbes“ teuerster Klub, fünf Milliarden Dollar Umsatz 2015 – ist diese Globalisierung nur förderlich. Zahlen spielen im US-Sport eine große Rolle, die Statistik ist generell heilig, historische Errungenschaften (etwa Pöltls Debüt, 2,3 Millionen Dollar Gage) oder Rekorde bleiben unvergessen.

Auch bedingt das Profitum ein ganz anderes Leben, von dem Pöltl allerdings auf dem College der Utah Utes in den vergangenen zwei Jahren bereits einen Vorgeschmack erhalten hat. „Es sind sehr viele Reisen“, plauderte Pöltl aus dem Alltag, „kaum bin ich in meinem mittlerweile voll eingerichteten Apartment, also zu Hause, muss ich schon wieder die Koffer packen.“ 82 Spiele umfasst der Grunddurchgang, und Pöltl hat nur ein Ziel: dabei sein, in des Trainers Planungen eine Rolle spielen. Allen voran, Teil der Rotation sein, die zu Spieleinsätzen kommt.

Anders, weitaus größer, ist nun auch das Interesse an seiner Person. Es ist im US-Sport üblich, dass nach dem Spiel die Protagonisten nicht in der Kabine verschwinden und die Türe abschließen, sondern mit einem „Open House“ Journalisten, TV-Teams und VIP-Gäste der Klubs empfangen. Hier ist gesondert verbales Geschick gefragt. Ein „Granteln“ diverser Bundesligafußballer ist unerwünscht.

„Big Man from Austria“

Also erzählt Pöltl, dass er neben dem Sport versucht, Toronto kennenzulernen, er noch kein Auto hat und die Niagarafälle nur aus Erzählungen und von Fotos her kennt, weil er zumeist „den halben Tag“ in der Trainingshalle verbringt. Interviews und Filmaufnahmen sind erlaubt, Fotos nicht – es kann durchaus passieren, dass ein Teamkollege gerade aus der Dusche kommt und unbekümmert durch den Raum spaziert. Bei den Raptors (Dinosaurier) stehen freilich auch Stars und Spielmacher im Vordergrund, etwa DeMar DeRozan und Kyle Lowry. Doch auch „der Neue“, „the guy from Austria“ hat seinen fixen Platz.

Basketball kommt in Toronto nach den Maple Leafs (Eishockey) und ringt mit den Blue Jays (Baseball) um Platz zwei in der Beliebtheitsskala. In der „Toronto Sun“ aber findet man alles, was mit den Raptors und „the Austrian Big Man“ geschieht. Schnell wurde mit dem Urteil aufgeräumt, er habe Fehler begangen, im Gegenteil: „Alle Rookies auf der Centerposition haben für gewöhnlich Foulprobleme. Aber Pöltl bewegte sich in der Defense sehr gut, bereitete Detroit große Probleme.“

Auf den Sohn zweier ehemaliger Team-Volleyballer warten nun Spiele gegen Stars, die er früher nur im TV gesehen hat. In der Nacht auf Samstag kommt es zum Duell mit Superstar LeBron James und Titelverteidiger Cleveland. Es ist die erste Bewährungsprobe für Toronto, das in dieser Saison erneut zum engsten Kreis der Titelanwärter zählt.

AUF EINEN BLICK

Die National Basketball Association (NBA) gibt es seit 1946, es ist die beste und auch populärste Profiliga der Welt.

30 Mannschaften – von denen eine, Toronto Raptors (mit dem Wiener Jakob Pöltl) aus Kanada kommt – spielen zu je 15 Klubs in Western und Eastern Conference, unterteilt in drei Divisionen. Nach der regulären Saison (82 Partien) starten die Play-offs.

Titelverteidiger sind die Cleveland Cavaliers mit Superstar LeBron James.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2016)

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