Administratives Chaos statt Reform

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Das Olympiaförderprojekt Rio 2016 wird für Tokio 2020 verlängert, die von Minister Hans Peter Doskozil ausgelobte Vereinheitlichung aber lässt auf sich warten.

Wien. Sportminister Hans Peter Doskozil hatte das Rio-Abschneiden mit der Ausbeute einer Bronzemedaille zum Anlass genommen, überfällige Reformen anzukündigen. Doskozil am 23. August: „Es geht darum, alle Fördergeldmöglichkeiten zusammenzuziehen und in einer Gesellschaft zu fokussieren.“ Das hat er mehrfach wiederholt, den Auftrag gegeben, das Sportfördergesetz 2013 umzuschreiben und die Förderszene zu „entpolitisieren“. Doch außerhalb des Ministerkabinetts weiß offenbar niemand, wann er Pläne vorlegt.

Nun sickerte eine erste Maßnahme durch: die Olympia-Spezialförderung Rio 2016 wird als Olympiaförderung weitergeführt – bis Tokio 2020?

Hat Doskozil die Vereinheitlichung der Sportförderung abgesagt? „Nein“, sagt Pressesprecher Gerald Pangl, „wir wollen nur kein Vakuum bis zum Beginn der neuen Struktur entstehen lassen.“ Das Olympiaprojekt mit fünf Millionen Euro pro Jahr ist Teil des Fördertopfs Team Rot-Weiß-Rot, der sieben Millionen Euro pro Jahr verteilt. Die Vereinheitlichungsinitiative würde nur Sinn ergeben, wenn dieses Team die Olympiaförderung verwaltet und im Bundessportförderungsfonds (BSFF, 80 Millionen Euro/Jahr) aufgeht.

Der Minister will auch „sein“ Förderbudget abgeben. Doskozil im August: „Ich bin bereit, auch die Gelder des Sportministeriums in diese neue Institution überzuführen.“ Sogar die Sporthilfe, ein von Sponsorengeldern finanzierter Verein, sollte nach den ministeriellen Streamlining-Vorstellungen in der Sportförder-GmbH aufgehen. Die Flurbereinigung lässt nun wohl noch ein Jahr auf sich warten.

Statt einer Verwaltungsvereinfachung wächst das administrative Chaos. Manch Sportler und Verbände reichten Projekte, Trainingslager und Entsendungen erst beim Team Rot-Weiß-Rot ein, bevor sie zur Olympiaförderung weitergereicht wurden. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel leitet das Unternehmen, zumindest vorübergehend, und nicht ein Experte, der sich mit Sommersport-Förderungen auskennt. Wie lang Schröcksnadel noch werkt? Ministerium und ÖSV-Präsident waren nicht erreichbar, aber Fakt ist, dass einige Verbände bereits zu Schröcksnadel pilgerten, um Budgetgespräche aufzunehmen.

Das ÖOC, laut Olympiasieger Felix Gottwald „ein Reisebüro“, das sich zur Spitzensportförderinstitution upgraden will, steigert die Unruhe hinter den Kulissen. Sechs „Olympiazentren“ zertifizierte das ÖOC, manche haben nur marginal mit Spitzensport zu tun. Die einzige einschlägig tätige Bundeseinrichtung, das Institut für medizinische und sportwissenschaftliche Betreuung (IMSB) in der Südstadt, unterschrieb den ÖOC-Vertrag nicht. Vor Kurzem veröffentlichte das ÖOC einen „Kurzbericht zur Leistungsbilanz Österreichs in Rio 2016“. Tenor: Alles in Ordnung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2016)

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