Lance Armstrong: Letzte Ausfahrt Ruin

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Ein Richter lässt die Klage der US-Regierung gegen Lance Armstrong wegen Betrugs zu. Fast 100 Millionen Dollar soll der gefallene Radstar zahlen - auch an einen anderen Dopingsünder.

Washington/Wien. Lance Armstrong hat in seiner Karriere unter Zuhilfenahme unerlaubter Hilfsmittel viele große Siege gefeiert, nun bekommt der einstige Radstar die teure Rechnung dafür präsentiert. Ein Gericht in Washington hat den Weg frei für die Millionenklage gegen den geständigen Dopingsünder und den damaligen Teambesitzer von US Postal gemacht. Dem 45-Jährigen wird von der US-Regierung vorgeworfen, betrogen zu haben, indem trotz Dopings Millionen an Sponsorgeld von der staatlichen Post angenommen wurden. Die anvisierte Schadenssumme für das Verfahren: Stattliche 96,8 Millionen Dollar (91 Mio. Euro).

Richter Christopher Cooper wies am Montag Armstrongs Antrag auf ein Schnellverfahren ab, „weil Beweise vorgelegt wurden, dass Informationen zu Dopingpraktiken im Team zurückgehalten wurden, die Antidopingvorschriften im Sponsorvertrag jedoch Grundlage für die finanziellen Zuwendungen von US Postal waren“. 32,3 Millionen Euro schüttete das halbstaatliche Unternehmen zwischen 2000 und 2004 an den Rennstall aus und wird im für Herbst angesetzten Verfahren das Dreifache zurückfordern.

Die Regierung hatte sich nach Armstrongs Dopingbeichte 2013, die die Aberkennung seiner sieben Tour-Siege sowie eine lebenslange Sperre nach sich zog, einer bereits drei Jahre zuvor eingebrachten Klage von dessen Ex-Teamkollegen Floyd Landis angeschlossen. Auf Grundlage des sogenannten False Claims Act könnte Whistleblower Landis, selbst ein überführter Dopingsünder und inzwischen Vertreiber von Cannabisprodukten in Colorado, im Erfolgsfall bis zu einem Viertel der eingeklagten Summe erhalten.

Armstrongs Anwälte hatten argumentiert, dass es „keinen Beweis über einen quantifizierbaren finanziellen Schaden“ gebe, im Gegenteil habe US Postal sogar deutlich über dem investierten Wert profitiert. Der Richter wollte dies nicht ausschließen, betonte jedoch, den negativen Effekt der Berichterstattung der anhaltenden Ermittlungen gegen Armstrong und seines öffentlichkeitswirksamen Geständnisses bei Talk-Queen Oprah Winfrey nicht außer Acht zu lassen. Die 37-seitige Erklärung schloss daher: „Die Ermittlung des Schadens muss einer Jury überantwortet werden.“

Existenzängste

Armstrong und seine Anwälte wollten die Entscheidung nicht kommentieren. Ruhm, Ehre und Ruf hat der Texaner bereits verspielt, im Falle einer Niederlage vor Gericht droht nun also auch noch der Verlust seines Vermögens. Etwa 40 Millionen Dollar pro Jahr dürfte Armstrong um den Höhepunkt seiner Karriere verdient haben, wie viel ihm davon geblieben ist, ist nicht bekannt. Mit seiner Familie bewohnt er millionenschwere Anwesen in Texas und Colorado.

Bislang musste der gefallene Star über zehn Millionen Dollar als Schadensersatz an ehemalige Partner und Medien, die ihn des Dopings bezichtigt hatten und verklagt worden waren, zahlen, schätzen US-Medien. In Bezug auf die seit Jahren drohende Millionenklage gestand er Existenzängste ein. „Wenn ich verliere, dann würden wir nicht mehr an diesem Tisch, in diesem Haus, in gar keinem Haus mehr sitzen. Ich habe keine 100 Millionen“, sagte er 2015 dem englischen „Telegraph“ und kritisierte zugleich das Prinzip des Verfahrens scharf: „Ich soll 100 Millionen zahlen, und Landis erhält 25? Und damit wäre jeder zufrieden? Ich würde denken, was jeder andere denkt – es macht keinen Sinn.“ Diese Entscheidung obliegt freilich nicht mehr ihm selbst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2017)

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