Die unheimliche Konstanz des Ausnahmekönners Marcel Hirscher

Hirscher (r.) erfüllte sich mit WM-Gold im Riesentorlauf einen Traum, Leitinger (l.) wagte von Silber nicht einmal zu träumen.
Hirscher (r.) erfüllte sich mit WM-Gold im Riesentorlauf einen Traum, Leitinger (l.) wagte von Silber nicht einmal zu träumen.(c) APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Ski-WM. Während Goldanwärter Alexis Pinturault aus Frankreich enttäuschte, erfüllte sich Marcel Hirscher den Traum von Riesentorlauf-Gold. Neben dem 27-Jährigen strahlte auch Roland Leitinger, der Salzburger lieferte mit Silber eine Sensation.

St. Moritz/Wien. Marcel Hirscher hat bei der Weltmeisterschaft in St. Moritz erstmals in seiner langen und erfolgreichen Karriere WM-Gold im Riesentorlauf gewonnen. Der Salzburger siegte vor Landsmann Roland Leitinger (+0,25 Sekunden) und dem Norweger Leif Kristian Haugen (+0,71), das Duo war im Weltcup zuvor noch nie auf dem Podest gestanden. Hirscher überstrahlte an diesem Tag die Konkurrenz wie so oft, niemand scheint mit Druck und Erwartungen besser umgehen zu können als der 27-Jährige aus Annaberg.

Nach Silber in Schladming 2013 und Vail 2015 (jeweils hinter dem US-Amerikaner Ted Ligety) folgte nun, bei seiner womöglich letzten Weltmeisterschaft, die Krönung im Riesentorlauf. „Bist du deppert, anstrengend war's“, bemerkte Hirscher im Zielraum. Er sei nun „ziemlich ausgepumpt, aber Gold war es wert“. Der Vorsprung des Halbzeitführenden war in der Entscheidung dahingeschmolzen, im Mittelteil hatte Hirscher gegenüber Leitinger knapp 0,4 Sekunden eingebüßt. Doch am Ende, wie kann es anders sein, stand wieder einmal der Ausnahmekönner Hirscher ganz oben. Er sagte: „Ich bin megahappy.“

Mitläufer als Vizeweltmeister

Wie Gold glänzte die Silbermedaille von Leitinger. Der Salzburger, nach dem ersten Durchgang Sechster, lieferte nach Laufbestzeit im zweiten Durchgang die große Sensation. „Es ist unglaublich, ich bin gerade ein bisschen sprachlos. Es hat sich so leicht angefühlt, weil ich gut Ski gefahren bin“, sagte der 25-Jährige, der mit der hohen Startnummer 22 ins Rennen gegangen war. Im Weltcup glückten ihm zuvor nur zwei Top-Ten-Ergebnisse.

Erst vor rund drei Wochen hatte sich Leitinger bei einem Sturz im Riesentorlauf von Garmisch eine Schuhrandprellung am rechten Bein und eine Kapselzerrung im rechten Knie zugezogen, hinzu kamen Rückenprobleme. ÖSV-Physiotherapeut Dominik Scheiber leistete ganze Arbeit, machte Leitinger rennfit. „Heute war er sich seiner Sache einfach sicher.“ Lange Zeit auf Medaillenkurs war mit Philipp Schörghofer auch ein dritter Österreicher, er verspielte Edelmetall im Schlussabschnitt. „Es ist so bitter, unvorstellbar. Der fünfte Platz ist bei einer WM nicht so viel wert“, klagte der 34-Jährige, der in Garmisch 2011 Riesentorlauf-Bronze gewonnen hatte. Mit Schörghofer litt auch ÖSV-Präsident, Peter Schröcksnadel. „Um den Schörgi tut's mir leid. Schade, dass es nicht auch noch für die dritte Medaille gereicht hat“, bemerkte der 75-Jährige und ergänzte zugleich: „Zwei Medaillen sind super, jetzt können wir alle ein bisschen glücklich sein.“

Weltmeister Hirscher, das wollte Schröcksnadel nochmals betont wissen, sei ein Phänomen, ein Jahrhunderttalent. „Marcel hat gezeigt, dass er ein Champion ist. Er hat dem Druck standgehalten wie es nur große Sportler schaffen.“ Um Hirschers Leistung richtig einordnen zu können, hilft auch der Vergleich mit Alexis Pinturault. Der Franzose, er gewann in dieser Saison bereits drei Riesentorläufe, funktionierte im wichtigsten Rennen des Jahres nicht und war als Siebenter der große Geschlagene an diesem Tag.

Sailer, Raich, Maier – Hirscher!

Österreich stellt erstmals seit zwölf Jahren wieder den Riesentorlauf-Weltmeister, in Bormio 2005 hatte Hermann Maier vor Benjamin Raich ebenfalls einen Doppelsieg gefeiert. In der ÖSV-internen Bestenliste zog Hirscher mit nun acht WM-Medaillen (fünf Mal Gold, drei Mal Silber) mit Rekordhalter Toni Sailer (sieben Mal Gold, ein Mal Silber) gleich, noch häufiger heimste nur Benjamin Raich (drei Mal Gold, sechs Mal Silber, ein Mal Bronze) Edelmetall ein.

Für Hirscher sind die Titelkämpfe in St. Moritz jetzt schon ein Erfolg, mit Silber in der Kombination und Gold im Riesentorlauf hat er die Erwartungen erfüllt. Am Sonntag bietet sich dem Atomic-Fahrer im Slalom sogar die Chance auf ein finales Feuerwerk, im letzten Bewerb dieser WM lastet der größte Druck aber gewiss auf Henrik Kristoffersen.

Der Norweger wartet nach Rang vier im Riesentorlauf – er verpasste Bronze nur um fünf Hundertstelsekunden – immer noch auf seine erste WM-Medaille.

WM-Ergebnisse Herren RTL

Gold: Marcel Hirscher (AUT) 2:13,31 (1:06,73/1:06,58)
Silber: Roland Leitinger (AUT) +0,25 Sek.
Bronze: Leif Kristian Haugen (NOR) +0,71 Sek.

4. Kristoffersen (NOR) 0,76 5. Schörghofer (AUT) 0,85 6. Olsson (SWE) 0,93 7. Pinturault (FRA) 0,98 8. Murisier (SUI) 0,99 9. Faivre (FRA) 1,05 10. Tonetti (ITA) 1,16

Nicht gestartet im 2. Durchgang: Manuel Feller

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2017)

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