Top-Sportler rassistisch beleidigt: Schuldsprüche

Tuncay Caliskan 2004
Tuncay Caliskan 2004(c) Hans Klaus Techt
  • Drucken

Taekwondo-Kämpfer Tuncay Caliskan wurde auf einer Wiener Wachstube rassistisch beschimpft. Ein Polizist wurde deswegen zu einer Geldstrafe verurteilt. Zudem gab es zwei Schuldsprüche wegen Amtsmissbrauch.

Im Wiener Straflandesgericht ist am Freitag der Prozess um den Eklat rund um eine Anzeige des österreichischen Taekwondo-Kämpfers Tuncay Caliskan abgeschlossen. Fünf Polizisten wurde Amtsmissbrauch und Beleidigung vorgeworfen, während der Amtshandlung soll es auch zu rassistischen Schmähungen gegen Caliskan gekommen sein. Die zwei Beamten, die sich geweigert hatten, eine Anzeige des zweifachen Olympia-Teilnehmers aufzunehmen, wurden wegen Amtsmissbrauchs zu acht beziehungsweise sechs Monaten bedingter Haft verurteilt.

Richterin Martina Hahn unterstellte den beiden ein "pflichtwidriges Verhindern, dass die Dinge ihren normalen Lauf nehmen". Der Viertplatzierte der Olympischen Spiele in Sydney 2000 hatte sich im November 2006 an einem frühen Sonntagmorgen zu einer Wachstube in Wien-Margareten begeben, weil er am Nachhauseweg von einem Unbekannten mit einem Baseballschläger bedroht wurde. Er wollte den Mann, der ihn angeblich eine dreiviertel Stunde mit dem Auto verfolgt hatte, wegen gefährlicher Drohung anzeigen, doch die Polizisten kamen zum Schluss, dass keine Tatbestandsmäßigkeit gegeben war, da Caliskan auf sie keinen ängstlichen Eindruck machte.

Stattdessen wurde der Sportler türkischer Abstammung auf dem Wachzimmer als "Scheißkanak" und "Tschusch" beschimpft, woran der Schöffensenat nach einem umfassenden Beweisverfahren keinerlei Zweifel hatte. Ein weiterer Polizist wurde daher wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 4050 Euro verurteilt, wovon ihm 2.7000 Euro bedingt nachgesehen wurden.

Freispruch für Schimpfkanonade

Jener Beamte, der sich bei den Beschimpfungen besonders hervorgetan hatte, musste in diesem Anklagepunkt allerdings freigesprochen werden. Nach Ansicht des Gerichts waren zum Zeitpunkt seiner Schimpfkanonade noch nicht genügend Personen im Wachzimmer, um die für den Tatbestand "Beleidigung" erforderliche Publizität herzustellen.

Für den mitangeklagten Wachkommandanten und eine Beamtin, der ebenfalls der Gebrauch rassistischer Schimpfwörter vorgeworfen wurde, gab es zur Gänze Freisprüche im Zweifel. In Bezug auf diese beiden erschien dem Gericht die Beweislage zu dünn. Sämtliche Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Die Verteidiger erbaten Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Der 33-jährige Sportler hatte sich zuvor im Zeugenstand erinnert, ihm sei gleich zu Beginn von einem Polizisten beschieden worden, er möge "das Maul halten". In weiterer Folge hätte ihn dieser Beamte als "Scheißkanak" und "Tschusch" tituliert.

"Hab ich nicht verdient"

"Ich hab' mich gewundert, wie man so aggressiv sein kann. Ich hab' nicht verdient, dass jemand so zu mir kommt", stellte Caliskan fest. Er habe den Beamten darauf aufmerksam gemacht, dass er für Österreich zweimal bei den Olympischen Spielen angetreten sei und mehr für das Land gemacht habe als andere. Das habe den Polizisten nur zorniger gemacht. Dieser sei noch ausfälliger geworden.

"Ich bin seit zehn Jahren Soldat. So Beamte wie wir sollten sich auch dementsprechend verhalten", deponierte der Sportler. Als es im Wachzimmer immer lauter wurde, wären der Wachkommandant und weitere Polizisten dazu gekommen, die ihn ebenfalls "mit unschönen Worten" bedacht hätten, sagte Caliskan. Lediglich einer der fünf Uniformierten hätte ihn korrekt behandelt: "Er hat alles richtig gemacht. Ich will überhaupt nicht, dass dem etwas passiert."

Bis auf diesen Beamten, der die verbalen Übergriffe seiner Kollegen vor Gericht bestätigte, hatten die übrigen Angeklagten die inkriminierten Beschimpfungen in Abrede gestellt. Dass ausgerechnet jener couragierte Polizist, der sich gegen seine Kollegen stellte, am Ende wegen Amtsmissbrauchs schuldig erkannt wurde, schien die vorsitzende Richterin fast zu bedauern. "Sie sind blöd in die Sache hineingerutscht und zum Handkuss gekommen", hielt sie in der Urteilsbegründung fest.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.