"Segler sind die größten Trottel"

Vor 50 Jahren wäre er bei einem Segelunfall fast ertrunken. Dem Sport ist der dreifache Staatsmeister Christian Ludwig Attersee treu geblieben.

Herr Attersee, segeln Sie immer noch?

Christian Ludwig Attersee: Ja, freilich.

Auf dem Attersee?

Auch, aber meistens auf dem Meer. Solange mein Körper fit ist, muss er segeln. Denn segeln ist der einzige Sport, bei dem man sich immer bewegt. Die Deppen gehen alle ins Fitnesscenter. Wenn man drei Wochen ununterbrochen auf einem Schiff ist, ist man komplett durchtrainiert. Selbst im Schlaf muss man sich bewegen.

Und das Hirn ist auch immer in Bewegung.

Klar, sonst ersäuft man.

Sie wären ja einmal auch fast ersoffen.

Im Frühjahr 1961 bin ich gekentert. Der Attersee war eiskalt, ich bin mit einem Mädel rausgefahren. Zum Glück hat uns einer gesehen und sich dann gewundert, dass kein Schiff mehr auf dem See zu sehen war. Nach einer Stunde haben sie uns gefunden. Ich hab überhaupt nichts mehr gespürt. Meine Mutter hat mich warm-massiert. Das waren Schmerzen, das kann man sich gar nicht vorstellen. Also diese Unterkühlung, das war das Härteste, was ich je erlebt habe.

Mit 20 waren Sie schon eine Segelgröße.

Ich war mit zwölf schon Jugendstaatsmeister, später dreimal Staatsmeister, Dritter bei der Europameisterschaft. Aber meine größte Segeltat war, dass ich die Regatta in Triest dreimal hintereinander gewonnen habe. Ich glaub, ich bin der Einzige, dem das gelungen ist. Dafür habe ich das Goldene Band bekommen, eine der höchsten Auszeichnungen in Mitteleuropa.

Und der Attersee war Ihr Revier.

Ich habe – glaube ich – 258 Wettkämpfe gewonnen. Nach der Regatta wurden immer der Name des Siegers und das Revier genannt. Christian Ludwig und das Revier Attersee. Ich habe den Namen also schon immer gehabt.

So entstand Ihr Künstlername.

Man muss einen Namen haben, an den man glaubt. Ich hätte gerne als Künstlernamen Millionär gehabt. Aber es ist so wahnsinnig peinlich, wenn man sich als Millionär vorstellt und nichts Gescheites zum Anziehen und zu Essen hat. Das hätte ich nicht überstanden.

Wollten Sie nie zu Olympischen Spielen?

Wie mein Jugendfreund Hubert Raudaschl. Er ist beim Segeln geblieben und ich habe Kunst studiert. Weil, die Segler sind nämlich die größten Trottel, die es gibt. Die interessieren sich nur fürs Segeln. Denn das ist so ein komplizierter Sport, dass man sein Leben lang an nichts anderes denken kann. Und Segler stecken ihr ganzes Geld in ihr Boot. Einem Segler verkauft man selten ein Bild.

Sie könnten ja Segel bemalen.

Hab ich doch alles schon gemacht. Jetzt habe ich gerade auf dem Attersee das Ausflugsschiff gestaltet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2011)

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