Doping: Hoffmanns Hörspiel

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Ein Tonband von Christian Hoffmanns Verhandlung schlägt hohe Wellen. Die Anti-Doping-Agentur wird den Langlauf-Olympiasieger klagen. Sportminister Norbert Darabos verlangt jetzt eine lückenlose Aufklärung.

Wien. „Be fair, play true . . . sauber in die Zukunft.“ Dieser Satz prangt leuchtend auf einer Plakatwand im Büro der Nationalen Anti-Doping-Agentur in Wien. Normalerweise werden in diesen Räumen Sperren über Dopingsünder verhängt, am Donnerstag aber traten Nada-Geschäftsführer Andreas Schwab und Anwalt Gernot Schaar, der Leiter der Rechtskommission, bei einer Pressekonferenz in die Offensive.

Langlauf-Olympiasieger Christian Hoffmann hatte Tageszeitungen eine brisante Tonbandaufnahme von der Sitzung am 5. Dezember 2011 zugespielt. Die Aufnahme soll dokumentieren, dass die Kommission bei ihrer Urteilsfindung unschlüssig bis ratlos war, sich währenddessen auch über Sex unterhalten habe und durch den Geschäftsführer auf sie „Druck von außen“ ausgeübt worden sein soll.

Hoffmann, der an diesem Tag für sechs Jahre gesperrt worden ist, machte die Aufnahme mit seinem Handy, das er im Sitzungssaal „vergessen“ hatte . . .
Schaar war über die Veröffentlichungen erbost. Dennoch musste er sich im Zaum halten, „denn wir sind zur Verschwiegenheit verpflichtet – und das ist unser größter Nachteil“. Den genauen Ablauf der viereinhalb Stunden dauernden Sitzung konnte Schaar nicht wiedergeben, auch ob alle veröffentlichten Zitate aus dem Protokoll stimmen, sei fraglich. Er bezweifelte die „Authentizität“ des 30 Seiten umfassenden Skripts vehement und kündigte umgehend rechtliche Schritte an.

Vier der fünf Kommissionsmitglieder und auch der Geschäftsführer seien, so Schaar, durch die Veröffentlichung in ein schiefes Licht gerückt worden. Auch sei die Aufnahme einer „geheimen Beratung ohne vorherige Information der Beteiligten verboten“, erklärte der Anwalt. „Wir bringen gemäß § 120 Strafgesetzbuch eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein.“ Auch gelte es, zu eruieren, ob alle Zitate richtig zugeordnet wurden. Falls nicht, sei das Beweismittelfälschung. „Wir wehren uns, mit aller Härte. Ich sitze in einer Kommission mit honorigen Herren, die sich über jeden Fall lange den Kopf zerbrechen, und ich kann nicht akzeptieren, dass wir diskreditiert werden.“

„Keine Angst vor dieser Klage“

Damit ist die Causa Hoffmann um ein Kapitel reicher. Der Langläufer hatte keine positive Dopingprobe abgeliefert, sondern wurde aufgrund von Zeugenaussagen bei Strafprozessen und übermittelten Protokollen der Staatsanwaltschaft in Bezug auf den angeblichen Mitbesitz sowie die mehrfache Inbetriebnahme einer Blutzentrifuge gesperrt.

Nun muss ein Gericht beurteilen, ob Hoffmann berechtigt war, sein Verfahren aufzuzeichnen und zu veröffentlichen. Hans-Moritz Pott, sein Anwalt, sieht der Klage gelassen entgegen. „Mein Mandat fürchtet sich nicht, er wurde darüber vorab informiert“, sagt Pott der „Presse“. „Im Gegenteil – er nimmt die Klage sogar in Kauf, um zu veranschaulichen, mit welcher Art und Weise das Recht mit Füßen getreten wurde.“ Über das eigentliche Motiv und den tatsächlichen Hergang der Aufnahme verlor Pott allerdings kein Wort. Er berief sich auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht.

Hoffmanns Suspendierung im Dezember 2009 sei mit „Lichtgeschwindigkeit“ erfolgt, prangerte Pott an. Das Verfahren dauerte knapp zwei Jahre und nun liege der Einspruch vor der Schiedskommission, der zweiten Instanz in Dopingfällen. So ein Vorgehen, so der Anwalt, sei „existenzgefährdend“ und dagegen müsse man sich wehren. Zur Wehr setzt sich nun auch die Anti-Doping-Agentur. Damit dürfte der Fall bei der Höchstinstanz, dem Sportgerichtshof CAS in Lausanne, landen.

„Frage der Glaubwürdigkeit“

Versuchte Beeinflussung oder Entscheidungen auf bloßen Zuruf, dagegen verwehrte sich Gernot Schaar entschieden. Er sei „kein Anhänger von Hüftschüssen“, als Anwalt müsse er schließlich mit Vernunft und Objektivität agieren. „Und die Genugtuung, meine Verschwiegenheitspflicht zu brechen, die gebe ich dem Kollegen Pott sicher nicht.“

Der Wahrheit auf den Grund gehen muss auch Sportminister Norbert Darabos. Er ordnete sofort eine umfassende Überprüfung und Aufklärung an – „unabhängig von der Frage, ob diese Aufzeichnung rechtmäßig zustande gekommen ist oder nicht“. Es bestehe dringendes Interesse an einer lückenlosen Aufklärung. „Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit der Nada“, sagte Darabos. Der Bericht soll bis 30. März vorliegen.

Auf einen Blick

Christian Hoffmann nahm am 5. Dezember 2011 seine Doping-Verhandlung mit dem Handy auf und spielte das brisante Protokoll den Medien zu. Gernot Schaar, der Leiter der Nada-Rechtskommission, kündigte eine Klage an.
Sportminister Norbert Darabos fordert eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls: „Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit der Nada.“

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