ÖOC-Prozess: „Wallner hat mir alles angeschafft“

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Heinz Jungwirth, der ehemalige Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees, bekannte sich zum Auftakt am Montag „nicht schuldig“ und belastetet den langjährigen ÖOC-Präsident Leo Wallner schwer.

Wien. Fotografen, TV-Teams und Gerichtskiebitze brachten sich im Wiener Straflandesgericht in Stellung. Geduldig warteten sie vor dem Schwurgerichtssaal im dritten Stock, doch als sich Heinz Jungwirth in Begleitung seines Anwalts, Herbert Eichenseder, am Montag kurz vor neun Uhr dem Saal näherte, war es mit der Ruhe vorbei. Der ehemalige Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees betrat mit einem Blitzlichtgewitter die Bühne.

Jungwirth, 60, und seine Assistentin Manuela K. müssen sich vor dem Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richter Georg Olschak wegen des Vorwurfs der Untreue (§ 153 StGB) verantworten. Laut Anklage geht es um 2.782.898,88 Euro, die von 2003 bis 2009 über ein „Schwarzgeldkonto“ auf Jungwirths Konten transferiert und von dem Sportfunktionär für private Zwecke verwendet worden sein sollen. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Jungwirth bekannte sich jedenfalls „nicht schuldig“. Er führte detailliert aus, wie ihn der langjährige ÖOC-Präsident Leo Wallner zur Führung des „Verrechnungskontos“, Nummer 4.293.700 bei der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, ermächtigt hatte. Für die Pflege dieser Geldquelle, bei der Einnahmen für den Weiterverkauf von gesponserten AUA-Tickets, Überweisungen oder „Refundierungen“ an das Internationale Olympische Komitee geparkt wurden, gab es „keine Richtlinie“, sagte Jungwirth. Nachsatz: „Es durfte nur nicht in der Buchhaltung aufscheinen.“

Richter Olschak wurde hellhörig, als Jungwirth darüber sprach, wer über den Stand und Behebungen auf dem 2001 eingerichteten „700er-Konto“ Bescheid wusste. Nur er selbst, sagte der Angeklagte, habe es gewusst. Manuela K. beteuerte, das „Schwarzgeldkonto“ als solches gar nicht erkannt zu haben. Sie habe Jungwirth vertraut und „hätte nie einen Schaden am ÖOC in Kauf genommen“. Zudem sei dieser Verrechnungszweig, Jungwirth nannte es kurzerhand einmal auch „Durchlaufposten“, im Jahresbericht des ÖOC nie zur Sprache gekommen. Auch hätten alle Vorstandsmitglieder bei Sitzungen dazu stets geschwiegen.

Für „private Aufwendungen“

Zu den Behebungen und Überweisungen in Gesamthöhe von 681.000 Euro, die privaten Zwecken gedient haben sollen, nahm Jungwirth offen Stellung. Er gab unumwunden zu, dass er diese Transaktionen tatsächlich für „private Aufwendungen“ getätigt hatte. Etwa für den Ankauf eines Audi A3, eines Pferdetransporters, die Gage des Reitlehrers etc. „Das war mit Wallner so abgestimmt und durch Bonifikationen gedeckt“, rechtfertigte er diese Form der Zwischen- bzw. Vorfinanzierung. Etwaige Differenzbeträge habe er stets aus eigener Tasche beglichen. Mit Jahresende habe die „Handkassa des ÖOC“ immer gestimmt.

Bei seinem Ausscheiden 2009 seien es 240.000 Euro gewesen, die er rückerstattet habe, das könne er belegen, sagte Jungwirth. Für den Zeitraum von 2001 bis 2005 gibt es allerdings keine Belege. Die Buchhaltung im ÖOC wurde ohne EDV-System geführt. Richter Olschak: „Ich frage mich, ob es im ÖOC auch normale Konten gegeben hat.“

Jungwirth blieb seiner Linie treu, „Wallner hat mir beim 700er-Konto alles angeschafft“. Sowohl für die Vorbereitung der Spiele, der Auswahl des Österreich-Hauses als auch für Einladungen diverser Politiker, von „seiner“ Gegenfinanzierung ganz zu schweigen. Olschak fragte dennoch gezielt nach: „Wusste Wallner Bescheid, wann Sie Behebungen durchführten?“ Jungwirth: „Nein.“

Die Tatsache, dass der mächtige Sportfunktionär vierzehn eigene Sparbücher und diverse Konten ins Spiel brachte, aber dennoch immer wieder auf das ÖOC-Sparbuch zugriff, hinterließ viele offene Fragen. Heute könnte es einige Antworten geben: Leo Wallner ist als Zeuge geladen.

Auf einen Blick

Heinz Jungwirth bekannte sich zum Auftakt des ÖOC-Untreue-Prozesses „nicht schuldig“. Der ehemalige Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees belastete Ex-Präsidenten Leo Wallner in Bezug auf das „Schwarzgeldkonto“ schwer. „Er hat mir alles angeschafft.“

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