Formel 1: Sound, Misstöne und eine Kurvendiskussion

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Sebastian Vettel und Gerhard Berger drehten in Spielberg mehrere Runden mit Oldtimern. Es war eine Promotion-Ausfahrt für den Österreich-GP am 22. Juni, mit Red Bulls aktuellem Dilemma ließe sich schlecht werben.

Spielberg. Dieses Geräusch war unverkennbar, es erinnerte sofort an alte, legendäre Formel-1-Rennen. Gerhard Bergers Ferrari, der Turbo-Renner, mit dem er 1988 in Monza siegreich war, drehte am Dienstag seine Runden auf dem Ring in Spielberg. Wenig später stieß ein RB2-Red-Bull-Wagen dazu, Berger und Sebastian Vettel hatten Spaß – sie lenkten die Autos selbst. Der Sound war unverkennbar und dieses Schauspiel diente als erste Einstimmung auf den nahenden Grand Prix von Österreich. Am 22. Juni kehrt die „Königsklasse“ nach elf Jahren Pause in die Steiermark zurück, dafür rührt der Veranstalter gehörig die Werbetrommel. Das Event ist bis auf 800 Restkarten (www.gpticketshop.com) ausverkauft, doch damit will man sich nicht zufriedengeben. Spielberg 2014 soll Geschichte schreiben, sagt Helmut Marko, „als größtes Sportereignis des Landes“.

Damit es auch in der Zukunft in Erinnerung bleibt, rückt sogar die Vergangenheit aus. Eines der Highlights am Renntag ist neben Läufen der GP2 und GP3 oder dem Porsche-Cup die Legendenparade. Neun Österreicher, die in der Formel 1 unterwegs gewesen sind, stehen mit ihren F1-Oldtimern am Start: Quester, Marko, Lauda, Berger, Binder, Wendlinger, Wurz, Friesacher und Klien.

Marko: „Niki Laudas ewige Raunzerei“

In diesem Rennen gibt es keine Rivalität, sogar die Kurvendiskussion ist längst gelöst. Marko, der sich über „Niki Laudas ewige Raunzerei“ amüsiert, weil die nach dem einzigen Österreich-GP-Sieger (1984) benannte Kurve seit der Wiederinbetriebnahme des Ringes 2011 einen neuen Namen trägt, sieht keinerlei Differenzen. Es sei weltweit anerkannt, zahlenden Sponsoren und Investoren die Türen zu öffnen, in diesem Fall eine Kurve. Ohne Rücksicht auf Verdienste, Siege und Status wurde da entschieden. An einem F1-Wochenende gäbe es überhaupt keine Namen, sondern dem Werbeverbot obliegend nur Zahlen. „Und Lauda kennt das Procedere aus dem Fernsehen doch ganz gut. Er hat doch auch nichts zu verschenken, oder?“

Auch in der Formel-1-WM sind die Fronten geklärt, Red Bull ist als Branchenführer abgelöst worden von Mercedes in den ersten sechs (von 19) Rennen. Marko musste einräumen, dass trotz großer Aufholarbeit weiterhin nicht alles nach Wunsch laufe. Aerodynamik, Spritverbrauch oder der in Monte Carlo erstmals defekte Turbolader hätten seine Mannschaft ins Hintertreffen geführt. Doch im Vergleich zu den ersten Testfahrten im Februar in Jerez, nach denen die komplette Mannschaft „fassungslos“ gewesen sei angesichts des eklatanten Rückstandes, habe man viel an Boden gutgemacht. Mercedes habe die komplette Antriebseinheit seit Dezember auf dem Prüfstand gehabt, das sei Red Bull mit Renault nicht gelungen. Massive Anstrengungen wurden mit dem Automobilhersteller und Toro Rosso unternommen, „und solange die WM aus mathematischer Sicht noch nicht verloren ist, werden wir weiterhin alles unternehmen, um wieder zu gewinnen“, sagte Marko. Ob das schon in Montreal beim nächsten Grand Prix oder in Spielberg gelingen wird? Der Steirer reagierte zynisch, das hänge von der neuen Benzinmischung ab, die zu testen sei. Doch: In Spielberg müsse man noch ein, zwei Schikanen einbauen, um Mercedes zu bremsen. Seine Aussage war als Scherz gemeint, barg jedoch sehr viel Wahrheit.

Bei Red Bull „holpert es ordentlich“

Es muss ernüchternd sein für einen Serienweltmeister, wenn er nach vier erfolgreichen Saisonen nun ausschließlich nach Gründen für das Versagen gefragt wird. Den Begriff Pech lehnte Vettel jedoch kategorisch ab, es gebe doch immer „einen Grund dafür, warum etwas in die Hose geht“, meinte der Hesse. Sein schlechtester Saisonstart seit 2009 (45 Punkte, nur ein Podestplatz, Dritter in Malaysia) sei eine „ganz schwierige Zeit“, doch solche Augenblicke erlebe jeder gute Sportler. Dass Nico Rosberg und Lewis Hamilton im Mercedes weitaus schneller seien, brauche er nicht schönzureden. Er sagt: „Bei uns holpert es ordentlich.“

Insofern sei der Ausflug in das schmuck herausgeputzte Spielberg für Vettel ein echtes Erlebnis gewesen. Rundum wurde geschraubt und gehämmert, Planen eingezogen und Zäune gelegt, und er drehte mehr Runden mit Bergers altem Ferrari als zuletzt mit seinem Hightech-Dienstwagen. „Es war Rennfahren pur, mit anderem Sitz, harter Sicht, einem Lenkrad ohne Knöpfe. Ich musste schalten, rechts bremsen, es gab Zwischengas. Toll, dass so ein Auto überlebt hat“, schwärmte Vettel. Ob eines Tages sein RB10 im Museum stehen wird, als Beispiel für Misserfolg? Vettel grinste, er könne seinem Arbeitgeber ja nicht zu nahetreten. Aber die Rennautos generell, dazu nahm er Stellung: „Sie haben viel vom Spektakel verloren.“ Allein deshalb sei es schon eine Gunst, einmal mit einem Ferrari 8Cc eine Ringrunde gefahren zu sein. Marko vernahm das Schwärmen und in der gleichen Manier, mit der er Lauda eine Absage erteilt hatte, schickte er eine Botschaft nach Maranello. „Seht ihr, Vettel ist schon Ferrari gefahren. Ihr braucht also nicht mehr anzufragen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2014)

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