Ecclestone: „Der Russland-GP findet sicher statt“

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Formel 1. Als Ecclestones PS-Zirkus 1986 erstmals in Budapest fuhr, gab es noch den Kalten Krieg. 2014 ist der Sotschi-GP ob der Ukraine-Krise umstritten. FIA und Ecclestone schließen Absage aus.

Budapest/Wien. Der Formel-1-GP auf dem Mogyorod-Ring nahe Budapest liegt Bernie Ecclestone am Herzen. Der britische Geschäftsmann witterte seit jeher, dass im Osten das große Geschäft und weltweite Publicity warten würden. Als 1986 der erste Ungarn-Grand-Prix gefahren wurde, gab es noch die Berliner Mauer, den Eisernen Vorhang, den Kalten Krieg. Seine kapitalistisch orientierte Rennserie aber schmückte das Regime als Statussymbol und seitdem ist der Ungarn-Grand-Prix ein Fixpunkt in Ecclestones Kalender.

Während am Freitag also wieder einmal die ersten Trainingsfahrten für den GP am Sonntag (14 Uhr, ORF1, RTL, Sky) begeisterten und Mercedes (Hamilton) sowie Ferrari (Alonso) dominierten, besann sich so manch Wegbegleiter der Vergangenheit. Ecclestone schwebte 1983 eigentlich ein GP in Russland vor, die Sowjet-Granden in Moskau und der Brite wurden aber nicht handelseins. Auf dem Rückflug entdeckte er Ungarn, die Regierung war begeistert und so wurde im 3000-Seelen-Ort Mogyorod für damals 140 Millionen Schilling (zehn Mio. €) der Hungaroring aus dem Erdboden gestampft.

Olympia, Formel 1, Fußball-WM

Doch den Wunsch, auf russischem Boden Rennen zu bestreiten, den verlor Ecclestone nie. Daher war es nicht weiter verwunderlich, als der für Diktatoren, totalitäre Regime und Mäzene schwärmende ehemalige Autohändler sich 2010 mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin traf. Der Plan, doch noch über den Roten Platz zu rasen, schlug jedoch erneut fehl. Putin hatte andere Interessen – also dreht die Formel 1 ab 12. Oktober dieses Jahres bis 2020 in Sotschi, dem umstrittenen Olympia-Ort an der Schwarzmeerküste, ihre Runden.

50 Milliarden Dollar wurden in Sotschi in die Infrastruktur, die Winterspiele und Paralympics investiert. Hier sollen 2018 Spiele der Fußball-WM 2018 stattfinden und auch die Formel 1 kurvt für kolportierte 50 Millionen Dollar „Mitgliedsbeitrag“ pro Jahr über das abgeriegelte Olympia-Areal. Sotschi soll langfristig auch für Glücksspieler Anziehungspunkt sein – und Sport dient dafür als beste Werbung.

Angesichts der Ukraine-Krise und des Abschusses eines Passagierjets werden weltweit die Stimmen lauter, Russland die WM und F1-GP wegzunehmen. Man verlangt Absagen – doch Ecclestone ist in solchen Belangen ebenso wenig gesprächsbereit wie die Funktionäre des Internationalen Olympischen Komitees oder die des Fußballweltverbandes Fifa. „Wir fahren hundertprozentig in Sotschi. Wir mischen uns nicht in politische Angelegenheiten ein.“ Und, in diesem Punkt versteht der Brite sein Geschäft, er stellte sich vor Putin. Man habe das Rennen per Handschlag besiegelt, so wie man es unter Männern mache. „Putin hat uns unterstützt und war sehr hilfreich. Wir werden das Gleiche tun.“

Bahrain, Sotschi, Baku

Moral, Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen, Umweltverschmutzung, Sanktionen – all das ist Ecclestone fremd. Der Kapitalismus bleibt sein Leitmotiv und solange Überweisungen eintreffen, gibt es keinerlei Anlass zur Neuausrichtung. Dieses Spiel ist keineswegs neu, es funktioniert seit 30 Jahren. Die Formel 1 fuhr schon in Südafrika zu Zeiten der Apartheid. Sie ist seit 2004 durchgehend, bis auf eine Absage (2011), Stammgast in Bahrain. Um neue Destinationen muss sich Ecclestone nicht sorgen. Seit Freitag strahlt nach Mexico-City noch ein weiterer Kurs auf seiner Weltkarte: Baku. Aserbaidschan erhält ab 2016 einen GP.

Dass all diese Überlegungen just in Budapest aufflackern, ist der Tatsache geschuldet, dass Ecclestone 1986 eben als Erster den „Eisernen Zaun“ durchbrochen hat. Budapest, Ungarn und seinen Einwohnern hat die Formel 1 wohl geholfen; in Sotschi dient das Rennen jedoch nur Sponsoren, Industrie und Putins PR-Maschinerie. Der Glanz eines Sport-Events lässt Probleme eben schnell vergessen.

So versteht man diese Situation übrigens auch in Paris, beim Automobilweltverband FIA. Präsident Jean Todt sagt: „Der Sotschi-GP findet statt. Es besteht kein Grund abzusagen.“

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