Formel 1: Frauen ans Steuer

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Bernie Ecclestones Aussage, eine Formel 1 für Frauen zu starten, sorgte in der Welt des Motorsports für Aufruhr. Es war ein Ablenkungsmanöver, ein PR-Gag – wie so oft.

Bernie Ecclestone ist Geschäftsmann. Nichts hasst der 84-jährige Brite mehr als leere Ränge. Da kann jeder Veranstalter seinen „Mitgliedsbeitrag“ vorab noch so pünktlich überweisen, fehlt die Kulisse, läuft Ecclestone unrund. Mitunter spaziert der ehemalige Gebrauchtwagenhändler dann während eines Rennens durch die Boxengasse, würdigt den Grand Prix aber keines Blickes. Er sucht zahlende Gäste, Wirtschaftspartner, Mäzene, TV-Sender.

Alles dreht sich in seinem Mikrokosmos um Geld, davon hat er laut Forbes mit 4,2 Milliarden Pfund auch reichlich; aber selbst für Ecclestone ist Geld offenbar nicht alles. Er strebt nach Ruhm, Macht, Anerkennung, er will verkaufen. Er sucht die Show, um seine zusehends monotoner anmutende Rennserie plakativer zu vermarkten. Der Brite muss neue Wege finden, sonst ist die Formel1 am Ende der Sackgasse angekommen. An Ideenreichtum mangelt es bei ihm nicht, vor dem GP in China hat er mit einem Vorstoß aufhorchen lassen, den er vor dem heutigen Rennen in Bahrain (17 Uhr, ORF eins, RTL, Sky) wiederholt hat. „Ich bin für eine Formel 1 der Frauen.“


Aufmerksamkeit, neue Sponsoren. Da war sie wieder, die so oft strapazierte Eroberung der Königsklasse. Das Spiel mit Vorurteilen, im gleichen Atemzug mit womöglich enormer Attraktivität und rauchenden Reifen; Ecclestone ist für Provokationen bekannt, doch auf dieses Eis hat sich der Chefvermarkter nicht begeben. Zudem, er ist alles, nur nicht der Feind seiner eigenen Geldbörse.

Es soll, so seine Idee, Rennen mit ausschließlich weiblichen Fahrern geben. Von der Option, dass es eine Frau schafft, in die Männerdomäne einzudringen, und gegen das vermeintlich stärkere Geschlecht auch in einem Grand Prix fährt, hat er sich offenbar verabschiedet. „Aus irgendeinem Grund setzen sie sich in unserem Sport nicht richtig durch. Es liegt nicht daran, dass wir das nicht wollten. Natürlich wollen wir Frauen. Sie würden viel Aufmerksamkeit bringen – und auch Sponsoren anziehen.“

Warum aber fährt keine Frau in der Formel 1? Lobbying, Geschlechtertrennung, Benachteiligung, Vorurteile – der Erklärungen gibt es sonder Zahl. Grid Girls gibt es, zig Ingenieurinnen, mit der Wienerin Monisha Kaltenborn und der Britin Claire Williams sogar zwei Teamchefinnen. Aber eine Frau am Steuer eines Formel-1-Autos?


Susie Wolff wurde degradiert. Mit Susie Wolff, 31, und Carmen Jordá, 26, sind derzeit zwei Ladys engagiert. Die Schottin, Ehefrau von Mercedes-Sportchef Toto Wolff, wurde im Williams-Team aber gerade erst degradiert. Ihr wurde als Ersatzfahrer der erfahrenere, seit 2007 ohne Podestplatz mitfahrende Adrian Sutil vorgezogen. Sie bleibt Entwicklungs- und Testfahrerin.

2012 stieg Wolff bei Williams ein und wurde prominent ins Auto gesetzt. Dass sie in dieser Saison noch Trainingsrunden in Spielberg, Barcelona und Silverstone fahren wird, ist jedoch Maximum der Ausbeute. Zuletzt bleibt ihr die Hoffnung, dass „der Tag kommt, an dem es für Männer nicht mehr peinlich ist, wenn eine Frau schneller ist.“

Auch beim Auftritt der Spanierin Carmen Jordá scheiden sich die Geister. Die 26-Jährige wurde trotz mäßiger Leistungen in der GP-3-Serie (drei Platzierungen: 28, 30, 29) von Lotus als Entwicklungsfahrerin engagiert. Sie diene als Model für PR-Zwecke, folgern Kenner. Solch Puristen prangern auch Paydriver – Piloten, die ihre Cockpits erkaufen –, an, jubeln aber spätestens mit den ersten WM-Punkten. Jorda bleibt ruhig, sie sagt: „Die Formel1 ist voll Eifersucht. Es gibt wenige Cockpits, nur wenige Fahrer schaffen es. Wenn man hart arbeitet, alles gibt – wie ich – dann kann man es schaffen.“ Schönheit und eine Flut an Fotos (Marke: Gurkenmaske, Bikini etc.) auf Instagram genügen ihr vorerst nicht für ein Cockpit in der Formel 1.

Es gibt keine Gleichberechtigung, das weiß Susie Wolff. Sie fuhr einst Kart gegen Lewis Hamilton oder Nico Rosberg. Während sie in die Formel 1 aufstiegen, fuhr sie im Deutschen Tourenwagen Masters (DTM). Ihr erstes Auto wurde pink lackiert...

Ob Maria Teresa de Filippis (1958), Maria Grazia Lombardi (halber WM-Punkt 1975), Divina Galica (1976), Desire Wilson (1980), Giovanna Amati (1992), María de Villota (2011, Renault, 2012 Marussia; 2013 †), Wolff oder Jorda – es gelang keiner Frau, sich in dieser Branche des Motorsports durchzusetzen. Die Mär, dass es zu anstrengend sei, ist ebenso überholt wie peinliche Witze über die Kunst des Einparkens.

Frauen riskieren vielleicht weniger bei Highspeed, ihr Gewicht muss aber der Aerodynamik, der Balance des Autos dienlich sein. Servolenkung und das selbst in Rennautos gängige Ausstattungsfestival lassen physische Bedenken verblassen. Kondition und Muskeln, all das ist trainierbar, und wenngleich sich nur wenige Mädchen in PS-Nachwuchsligen versuchen – es bleiben Angst und Vorurteil als Antwort, warum es mit der Formel 1 nicht klappt.


Es gibt keine Gleichberechtigung. Die ehemalige Rallye-Fahrerin Michèle Mouton – sie gewann Anfang der 1980er-Jahre vier Rennen – versucht vehement, die Wahrnehmung der Frau im Motorsport zu stärken. Die Französin, 63, ist WRC-Managerin der Fédération Internationale de l' Automobile (FIA). Seitdem sie die Geschicke lenkt, ist der Frauenanteil gestiegen. Technikerinnen, Ingenieurinnen, Pressesprecherinnen, Managerinnen – es gibt aber weiterhin keine Pilotin. Unterschiedliches Material, Geld, Einfluss – stets die gleichen Antworten.

Es herrscht Uneinigkeit in der Formel 1 über die Rolle der Frau. Mit welchen Autos sollten sie fahren, und wo? Ecclestone schien gelassen, er hatte erreicht, was er wollte: Ablenkung vom Motor-Thema, den Geldsorgen. Wenig später, nach dem nächsten Mercedes-Sieg, hatte er schon wieder eine brillante Idee. „Warum fahren wir nicht alle mit den gleichen Motoren?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2015)

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