Cockpit- statt Reifendiskussion in Monza

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Kopfverletzungen als letzte ganz große Gefahr in der Formel 1 - Wilson, Bianchi als jüngste Beispiele - Geschlossene Cockpits als Lösung? - Vettel: "Muss man sich auf jeden Fall anschauen"

Monza. Die Diskussion um geschlossene Cockpitkuppeln in der Formel 1 hat in Monza das aktuelle Reifenthema rasch abgelöst. Anlass sind tödliche Unfälle in jüngster Vergangenheit, bei denen Kopfverletzungen ausschlaggebend waren. Puristen sind weiterhin gegen "Kanzeln", aktuelle WM-Piloten stehen dem Thema offener gegenüber. "Man muss sich das auf jeden Fall anschauen", fordert etwa Sebastian Vettel.

Aktuellster trauriger Anlass war der Tod des Indy-Car-Fahrers Justin Wilson, der früher selbst in der Formel 1 tätig gewesen war. Der Brite war kürzlich bei einem Rennen in Pennsylvania völlig unbeteiligt von einem Trümmerteil eines verunfallten Autos am Helm getroffen worden und einen Tag später seinen schweren Verletzungen erlegen.

Kurz davor war der nach seinem Japan-Unfall lange im Koma liegende Franzose Jules Bianchi gestorben. 2009 war Nachwuchsfahrer Henry Surtees von einem Rad tödlich am Kopf getroffen worden. Felipe Massa überlebte im gleichen Jahr nur mit Glück und einem Schädel-Hirn-Trauma, nachdem ihn in Budapest eine Metallfeder am Helm getroffen hatte.

Es gibt viele schwere oder gar tödlichen Unfälle dieser Art im Formel-Sport, in dem die Piloten in nach oben offenen Cockpits sitzen. Geht es nach Jacques Villeneuve, soll das auch so bleiben. "Das wäre dann keine Formel 1 mehr", sagte der ehemalige Formel-1-Weltmeister, IndyCar-Champion und Indy-500-Sieger aus Kanada in Monza.

Für Villeneuve, dessen Vater Gilles ebenfalls tödlich verunglückt ist, gehört die Gefahr einfach dazu. Außerdem sei das Besondere an Formel-Rennen, dass die Zuschauer im Gegensatz zu Sportwagenrennen die Helme der Piloten sehen, diese erkennen und sich dadurch identifizieren würden.

Während dem von aktuellen Fahrern auch der deutsche Le-Mans-Sieger Nico Hülkenberg zustimmt, wünschen sich viele zumindest einen Nachdenkprozess. Man sollte sich ernsthaft darüber Gedanken machen, wenn dies die Sicherheit der Fahrer nachweislich erhöhe, sagte etwa der bei Force India fahrende Mexikaner Sergio Perez. Selbst wenn der Wilson-Unfall so krass gewesen sei, "als würde einem ein Flugzeug auf den Kopf stürzen."

Womöglich liegt die Lösung in einem "halb offenen" Cockpit, also einer Art verlängerten Überroll-Bügel. Damit wären die Fahrer besser geschützt und man könnte sie trotzdem weiterhin sehen.

Vettel ist prinzipiell dafür, dass man die Sicherheit immer weiter erhöht. "Wenn das dazu geführt hätte, dass er (Wilson, Anm.) immer noch unter uns weilt, gibt es keinen, der Hand hoch hebt und sagt, das möchte ich nicht", meinte der Ferrari-Pilot zur Diskussion über geschlossene Fahrerzellen. Es sei aber natürlich auch viel Pech dabei gewesen, genau in diesem Moment um die Kurve zu kommen.

Vettel warnte dennoch. "Wir hatten in letzter Zeit erstaunlich oft Zwischenfälle mit Kopfverletzungen, drei Fahrer haben dadurch ihr Leben verloren", erinnerte er und plädierte für eine Auseinandersetzung mit geschlossenen Kanzeln. "Auch wenn ich persönlich kein Fan davon bin."

Zumindest einen Teilbereich versucht nun auch die GPDA zu verbessern. Die vom Österreicher Alexander Wurz geführte Fahrer-Vereinigung hat erreicht, dass die Piloten effektiver versichert sind. Bei Wilson war das offensichtlich nur mangelhaft der Fall gewesen.

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