Formel 1 in Baku: Schnellstes Straßenrennen der Welt

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Aserbaidschan feiert die Formel-1-Premiere als Erfolg, nur die
"Crashgarantie" hielt nicht.

"Gut gemacht, Baku!" Die Hauptstadt Aserbaidschans hat ihre Grand-Prix-Premiere sauber abgewickelt und die Königsklasse des Motorsports eine weitere Episode in ihrer mittlerweile 21-teiligen WM-Serie mehr. Dass diese bei Nico Rosbergs Solofahrt zum Sieg trotz angekündigter "Crashgarantie" unfallfrei verlief, war die größte Überraschung in Baku.

Denn in beiden Rennen der Nachwuchsklasse GP2 hatte es davor auf dem 6.003 Meter langen Stadtkurs in Baku, der enger ist als Monaco und trotzdem schneller als Monza, mächtig Kleinholz gegeben. Rosberg und Co. hingegen wickelten ihren ersten Auftritt in der "Stadt der Winde" staubtrocken ab und am Ende waren - fast - alle zufrieden mit dem Comeback des Grand Prix von Europa, der erstmals im Südkaukasus gefahren wurde.

Auf zehn Jahre läuft der Vertrag zwischen Aserbaidschan und der Formel 1, mit der man die Stadt und das "Land of fire" mit seinen vielen Gas- und Ölquellen touristisch weltweit bewerben will. "Well done Baku" war schon während der Trainings auf riesigen Bannern überall zu lesen.

378 km/h

Star der jüngsten Perle im WM-Kalender ist zweifellos die Strecke selbst. Die "eckige" Umrundung des neueren Stadtteils ist mit der "runden" um die historische Altstadt (Unesco-Weltkulturerbe) unten beim Meer durch zwei parallele Geraden verbunden, von denen eine Teil des längsten Vollgas-Stücks in der Formel 1 überhaupt ist. Am Tacho des Williams-Mercedes von Valtteri Bottas standen offenbar 378 km/h, bevor der Finne dort am Samstag das erste Mal bremste. Damit wurde Baku auf Anhieb zum schnellsten Automobil-Straßenrennen dieses Planeten.

Auch Staatschef Ilham Aliyev und Gattin ließen sich die Premiere nicht entgehen und das Staatsfernsehen AzTV berichtete selbst Montagvormittag noch auf Dauerschleife von der Formel 1. "Das Rennen war ganz sicher ein Erfolg", sagte auch Nigar Arpadarei. Die 34-jährige Pressechefin zeichnet mit zuständig dafür, dass die Formel 1 und Baku eine neue Bühne gefunden hat.

"Es war ein logischer Schritt, die Formel 1 ins Land zu holen", sagte Arpadarei. "Wir hatten dann aber nicht viel Zeit, ein Rennen auf einem Stadtkurs auf die Beine zu stellen. Am Ende hatte ich aber absolut das Gefühl, dass die Formel 1 einen positiven Eindruck mitgenommen hat", erklärte die PR-Expertin.

Auch wenn das Rennen am Ende nicht zum prognostizierten Unfall-Spektakel wurde und mit 30.000 Zuschauern immer jenes mit dem geringsten Zuschauer-Anteil bleiben wird. Der Zweck wurde und wird erfüllt, denn zumindest 300 Millionen sahen im TV zu.

Menschenrechtsprobleme

Das moderat muslimische aber autoritär geführte Aserbaidschan versucht sich seit langem nicht nur als Brücke zwischen Ost und West zu etablieren. Mit Groß-Events wie dem Song Contest, den Europaspielen und nächstes Jahr den muslimischen Spielen will man sich auch als Touristendestination präsentieren.

"Wir wollen das Land auf der ganzen Welt promoten und Touristen hierher holen. Sportevents sind da ein gutes Mittel", so Arpadarai.

Mit Maschinen aus dem 21. Jahrhundert an Bauten aus dem 12. Jahrhundert vorbeizurasen, das hat auf Anhieb gut funktioniert. Und das Land, das wegen Menschenrechtsproblemen immer wieder kritisiert wird, sich ein weiteres Stück geöffnet. Präsident Aliyev sei es nicht egal, was die Welt über sein Land denke, sagte der österreichische Europarats-Berichterstatter Stefan Schennach am Wochenende. Formel-1-Chef Bernie Eccelestone hatte Baku als "gute Stadt" bezeichnet.

Mäßiges Interesse

Nur die Bewohner Bakus selbst müssen offenbar erst Gefallen finden am schnellsten Zirkus der Welt. Kraftsportarten interessieren dort nach wie vor mehr, am gleichen Wochenende ging hier die letzte Olympia-Qualifikation der Boxer über die Bühne. In der Stadt bewiesen hingegen halb leere Tribünen und verwaiste Balkone, dass die Formel 1 bei den Menschen erst ankommen muss.

Lieber amüsierten sich die freundlichen Azeri auf der riesigen Fanmeile. "Formel 1 hat hier noch keine Tradition, da müssen wir unsere Leute noch etwas erziehen", gab auch Arpadarei schmunzelnd zu. "Für die meisten sind GP3 und Formel 1 noch dasselbe, Autorennen eben."

Mit einem Konzert von Pharrell Williams ("Happy") und einem mächtigen Feuerwerk am Strand verabschiedete Baku Sonntagnacht die Rennfahrer. Das "Stadt-Land" der Formel 1 geht in zwei Wochen vor völlig anderer Kulisse weiter. Nach drei Rennen auf Stadtkursen stehen bis zum Europa-Finale im September in Monza sechs permanente Rennstrecken im Mittelpunkt, nächster Stopp ist am 3. Juli der Red Bull Ring in Spielberg.

(APA)

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