Formel 1: Verlierer bekommen keine Verträge

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Über die Zukunft des Finnen Kimi Räikkönen bei Ferrari häufen sich Spekulationen, der Umgangston mit dem Weltmeister von 2007 wurde auch vor dem Grand Prix in Spielberg rauer.

Spielberg. Sebastian Vettel muss um einen wesentlichen Wohlfühlfaktor bei Ferrari bangen. Schon seit Wochen wird über die Zukunft seines Teamkollegen und Freundes Kimi Räikkönen bei der Scuderia spekuliert. Auch vor dem Grand Prix in Spielberg am Sonntag (Start 14 Uhr, ORF1, RTL, Sky) wollten diese Gerüchte kein Ende finden.

Der finnische Formel-1-Weltmeister von 2007 reagiert mittlerweile überaus gereizt auf Fragen, was aus ihm denn wird im nächsten Jahr. „Ich weiß es nicht. Ich habe einen Vertrag bis Ende 2016. Ich habe keine Ahnung, was 2017 passiert“, nuschelte der Finne und aktuell WM-Vierte in der Steiermark. „Die Leute können sagen, was sie wollen. Aber die meisten von ihnen verstehen nicht, was wirklich vor sich geht.“

Ferraris letzter Champion

Zuletzt hatte Ferrari-Präsident Sergio Marchionne den Druck auf den 36-Jährigen erhöht. Er müsse beweisen, „dass er es verdient, Ferrari-Pilot zu sein“. Ähnlich hatte sich auch Teamchef Maurizio Arrivabene geäußert. Aber genau das einem Piloten vorzuhalten, der die Scuderia 2007 zum bislang letzten WM-Title geführt hat, irritiert.

Prompt wurden seitdem dennoch Nachfolge-Kandidaten gehandelt. Angefangen von Force-India-Pilot Sergio Pérez, Daniel Ricciardo von Red Bull bis hin sogar zum WM-Führenden Nico Rosberg von Mercedes. Von diesem Trio wird aber keiner kommen. Der Mexikaner Pérez war zwar bei der Ferrari-Academy, wurde aber nicht für gut genug befunden. Ricciardo verlängerte seinen Vertrag bei Red Bull, er sieht dort größere Chancen auf den Titel. Und Rosbergs neuer Vertrag bei Mercedes ist laut Toto Wolff „ausverhandelt, aber noch nicht unterschrieben“.

Dabei besteht bei Ferrari in Wahrheit kaum Handlungsbedarf. Für Vettels Titelprojekt scheint Räikkönen der ideale Partner, auch wenn der „Schweiger aus Espoo“ seit seiner Rückkehr 2014 keinen einzigen Sieg holte – und nur sechs Mal auf das Podest fuhr. „Kimi ist sehr offen und direkt. Wenn ihn etwas stört, dann sagt er das. Das hilft der Atmosphäre im Team“, hatte Vettel einmal gesagt.

Der Heppenheimer ist die zentrale Figur bei Ferrari. Er pusht das Team, bringt es weiter. Und Vettel kann sich voll darauf konzentrieren, den Traditionsrennstall nach vorn zu bringen, weil Räikkönen seine Position nie infrage stellt – anders als in Vettels letztem Jahr bei Red Bull 2014, als neben ihm in Ricciardo ein mindestens ebenbürtiger Stallrivale fuhr.

Kimi ist kein Wasserträger

Die Fahrer-Konstellation Vettel/Räikkönen erinnert an die Ära Michael Schumacher, der in Rubens Barrichello und Felipe Massa über viele Jahre Partner hatte, die ihn nie gefährdeten. Sie waren als Wasserträger engagiert worden und erfüllten diese Rolle auch. Nur ein einziges Mal mit mehr, zumeist aber ohne Widerspruch. Unvergessen bleibt in dieser Causa der im Live-TV zu hörende Funkspruch des damaligen Ferrari-Teamchefs Jean Todt, übrigens 2002 in Spielberg: „Rubens, let Michael pass for the Championship.“

Ein Reizklima wie zwischen Rosberg und Lewis Hamilton bei Mercedes kann also bei Ferrari nicht aufkommen. Vettel ist mit seinem Teamkollegen sogar befreundet – was in der Formel 1 einer Seltenheit gleichkommt. Schon vor der gemeinsamen Zeit bei Ferrari spielten die beiden in ihrer Wahlheimat Schweiz häufig Badminton. Seit sie nicht mehr in unmittelbarer Nachbarschaft wohnen, treffen sie sich zwar seltener. An ihrer gegenseitigen Wertschätzung hat sich nichts geändert.

Räikkönen selbst ist in den Jahren ruhiger geworden. Wilde Partybilder und Ausflüge nach durchzechter Nacht im King-Kong-Kostüm gibt es nicht mehr. Ein Grund dafür ist auch sein anderthalbjähriger Sohn Robin. Nach dem Deutschland-Rennen auf dem Hockenheimring will der Finne seine Freundin Minttu Virtanen heiraten – allerdings nur im kleinen Kreis. Ein neuer Vertrag wäre ein passendes Hochzeitsgeschenk.

Ferraris Getriebeproblem

Während Regen und Rosberg das Freitagtraining dominierten, plagten Vettel Motorprobleme. Er wird nach einem Getriebewechsel in der Startaufstellung um fünf Plätze nach hinten versetzt. Im Getriebeöl wurden Metallspäne gefunden. Für Vettel ist es das zweite Mal in diesem Jahr, dass er deshalb strafversetzt wird.

Eine Gewinnerin in Spielberg gibt es bereits: Silvia Reisinger, 30, ist die neue Miss GP. (fin)

(Print-Ausgabe, 02.07.2016)

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