Verkehrte Formel-1-Welt: Heiligenschein als Zankapfel

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Vor dem Grand Prix von Spa testeten vier Teams das Sicherheitssystem Halo, das trotz vieler Befürworter 2017 noch nicht zum Einsatz kommen wird. Ecclestone und manch Teamchef hatten Bedenken – nur der Optik der Autos wegen.

Spa. Halo – das ist kein Schreibfehler, sondern kommt aus dem Englischen und heißt Heiligenschein. Dieser ringförmige Bügel ist die womöglich größte Innovation der Formel 1 seit Jahrzehnten und der Einführung der Cockpit-Monocoques. Im Freitagstraining für den GP von Spa (Sonntag, 14 Uhr, ORF eins, RTL, Sky) wurde dieser Kopfschutz erneut getestet, obwohl der sieben Kilogramm schwere Titanbügel 2017 definitiv nicht das Erscheinungsbild der F1-Rennautos zieren wird. Es gibt weiter Diskrepanzen: Ist es ein Lebensretter oder doch nur Blickfang?

1 Wozu braucht ein Formel-1-Rennwagen einen Überrollbügel? Welchen Sinn hat Halo?

Die Überlebenschance bei Unfällen aller Art soll um 17 Prozent höher sein, versprechen die Hersteller. Generell wurde vom Weltverband FIA ein System gesucht, das Fahrer vor herumfliegenden Teilen schützen soll, nachdem 2009 Felipe Massa von einer Metallfeder in Budapest getroffen worden ist. In der Formel 2 ist im selben Jahr der 18-jährige Henry Surtees durch einen Reifen, der sich vom Wagen eines Konkurrenten gelöst hat, in Brands Hatch tödlich getroffen worden.

2 Wer hat Halo abgelehnt – und warum? Was sagen die Formel-1-Stars dazu?

Die von der Formel 1 einberufene Strategiegruppe lehnte Ende Juli die Einführung ab. Bis Sommer 2017 soll weiter getestet werden. In Spa prüften Mercedes, Red Bull, Toro Rosso und Force India. Nico Rosberg sagt: „Ich unterstütze massiv eine Verbesserung der Sicherheitsstandards im Kopfbereich.“ Sebastian Vettel: „Wir mögen die Optik nicht, aber es gibt nichts, was den Tod rechtfertigt.“

3 Die Suche nach Alternativen ist zugleich die Befriedigung der eigenen Interessen

Red Bull testete bereits eine Art Windschutzscheibe. Dabei bleibt der Raum über dem Kopf der Piloten allerdings offen. Diese Idee wurde, etwa von Mercedes-Sportchef Toto Wolff, sofort verworfen: „Was, wenn ein Feuerunfall passiert und der Fahrer wegen dieser Schutzvorkehrung nicht schnell genug rauskommt?“ Auch im Fall eines Frontalcrashs mit Highspeed äußerte er Bedenken.

4 Puristen sehen klassischen Kartsport immer noch ohne Kopfbedeckung

Überrollbügel oder Windschutzscheiben zählen in Rallyeautos oder Tourenwagen zur Basisausstattung. Sie nehmen Fahrern weder Teile der Sicht noch gelten sie als von ihnen zu diskutierendes Novum. Sie wurden vor allem auf Betreiben der Industrie, aber auch auf Wunsch des Weltverbandes, installiert – zur Sicherheit aller. Ein ausfahrbares System, das ähnlich einem Spoiler mittels Sensoren reagiert, wird in der F1 geprüft.

5 Hätte Halo einen tödlichen Unfall wie den von Jules Bianchi in Japan 2014 verhindert?

Hätte Halo einen tödlichen Unfall wie den von Jules Bianchi im Oktober 2014 verhindern können? Ex-F1-Pilot Alexander Wurz ist Mitglied der Fahrergewerkschaft GPDA, er sagt: „Ich hoffe, dass wir die Entscheidung gegen Halo eines Tages nicht bitter bereuen werden.“ Angeblich soll Halo von Bernie Ecclestone und sechs Teamvertretern – der Optik wegen – abgelehnt worden sein. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2016)

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