Formel 1: Rätselhafter Singapur-Effekt

FORMULA 1 - Singapore GP
FORMULA 1 - Singapore GP(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ XPB Images)
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Nirgendwo sonst ist Mercedes so verwundbar wie beim tropischen Flutlichtspektakel. Red Bull und Ferrari in Lauerstellung.

Singapur/Wien. Nur rund 140 Kilometer liegt der Marina Bay Street Circuit vom Äquator entfernt. Tropische Hitze ist garantiert, das schwül-heiße Nachtrennen mit 61 Runden zu je 23 Kurven mitten in Downtown Singapur gilt mental und physisch als das härteste im Formel-1-Kalender (Qualifying heute 15 Uhr, Rennen Sonntag 14 Uhr, je live ORF eins, RTL, Sky).

Überholen ist auf dem Stadtkurs nach wie vor schwierig. Doch seit der Premiere 2008 – beim Auftakt fuhr Nelson Piquet jr. seinen Renault absichtlich in die Mauer und sorgte für einen folgenschweren Skandal – ist in Singapur meist eine Vorentscheidung in der WM gefallen. 2014 etwa, als Nico Rosberg als WM-Leader ankam, Lewis Hamilton aber siegte, die WM-Führung übernahm und bis Saisonende nicht mehr hergab. Heuer ist Hamilton der Gejagte, sein Vorsprung auf Rosberg ist auf zwei Punkte geschrumpft. Der Deutsche will seinen 200. Grand Prix mit dem 22. Sieg krönen und sich die WM-Führung zurückholen.

Im Vorjahr allerdings leistete sich Mercedes in Singapur einen überraschenden Einbruch, die Überlegenheit war plötzlich dahin. Hamilton fiel aus, Rosberg kam nicht über Rang vier hinaus, eine einzigartige Pleite in der inzwischen dreijährigen Mercedes-Dominanz. „Ich bin überzeugt, dass wir nicht so viele Probleme haben werden wie im vergangenen Jahr“, versicherte Hamilton. Man habe „eine Menge Arbeit investiert, um zu verstehen, woran es lag“.

Den Weltmeistern vorbehalten

Nutznießer war Sebastian Vettel, er feierte 2015 in Singapur seinen bisher letzten Sieg im Ferrari. Mercedes hat seither eifrig analysiert, die genauen Gründe, wieso die Scuderia den Silberpfeilen bis zu anderthalb Sekunden pro Runde abgenommen hat, sind aber unter Verschluss. Ferrari ist es jedenfalls gelungen, die Reifen besser auf Temperatur zu bringen.

Ob Vettel den Coup wiederholen kann, muss bezweifelt werden. Ein Motor-Upgrade soll dabei helfen, es habe gut funktioniert, meinte der vierfache Singapur-Sieger. Kein anderer Fahrer hat hier öfter gewonnen, mit Red Bull war der Deutsche von 2011 bis 2013 im Stadtstaat unantastbar.

Red Bull ist derzeit auch Mercedes-Verfolger Nummer eins. Wie angekündigt hat Renault ein Motoren-Update mit 15 zusätzlichen PS geliefert, prompt gab im freien Training in Singapur Max Verstappen den Ton an. Der Jungstar ist der einzige Saisonsieger, der nicht in einem Mercedes sitzt, er gilt auch am Wochenende als Sieganwärter. Seinen aggressiven Fahrstil wird er auf dem engen Stadtkurs aber kontrollieren müssen.

Daniel Ricciardo ist in dieser Hinsicht erfahrener, er hat heuer in Monaco beinahe gewonnen, in Singapur war er im Vorjahr Zweiter. Bisher aber kennt das tropische Flutlichtspektakel überhaupt nur drei Sieger: Hamilton, Vettel und Fernando Alonso – ein Trio aus Weltmeistern also, denn nur die Besten gewinnen auf dem Marina Bay Street Circuit. (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2016)

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