Formel 1: Ferraris Hunger ist noch nicht gestillt

Das erste Schaulaufen in Shanghai blieb ein kurzes: Zwar herrschte auf der Strecke klare Sicht, das Training wurde aber wegen Nebels in der Stadt abgebrochen.
Das erste Schaulaufen in Shanghai blieb ein kurzes: Zwar herrschte auf der Strecke klare Sicht, das Training wurde aber wegen Nebels in der Stadt abgebrochen.(c) APA/AFP/JOHANNES EISELE (JOHANNES EISELE)
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Sebastian Vettel dämpft in China die Euphorie nach dem Auftakterfolg, ist aber überzeugt: „Wir sind in einer besseren Position.“ Mercedes feilt an Reifen und der internen Kommunikation.

Shanghai/Wien. Der siegreiche Auftakt von Ferrari hat Hoffnung auf mehr Spannung in der neuen Formel-1-Saison gemacht. In China ist Sebastian Vettel im Vorfeld des Grand Prix am Sonntag (8 Uhr) bemüht, die Erwartungen – auch jene der eigenen Fans – zu dämpfen. „Es war erst das erste Rennen, es bedeutet nicht viel. Das ist keine Garantie, dass es so weitergeht“, meinte er vor dem heutigen Qualifying (9 Uhr, jeweils live in ORF eins, RTL, Sky) in Shanghai. Nicht bestreiten wollte der Deutsche, dass die Scuderia aufgeholt hat. „Wir sind in einer besseren Position und haben generell einen Schritt nach vorn gemacht.“

Insbesondere den Umgang mit den neuen Pirelli-Reifen hat Ferrari besser im Griff als Mercedes. „Im Renntrimm waren sie schon immer stark und aus irgendwelchen Gründen stets sanft zu den Reifen“, anerkannte Lewis Hamilton. In Melbourne kam der Brite sechs Runden vor Vettel an die Box und war chancenlos gegen die Ein-Stopp-Strategie des Rivalen. Bei den Silberpfeilen wird seither an der Lebensdauer der Pneus getüftelt. „Wir haben gelernt, dass der Reifen anders ist, als wir gedacht haben, dass wir mehr unter Druck sind und daher weniger Spielraum haben und dass das Überholen sehr schwierig ist“, resümierte Motorsportchef Toto Wolff.

Auch bei der Kommunikation zwischen Fahrer und Box hat Wolff Verbesserungsbedarf geortet. „Wenn Lewis gewusst hätte, dass er im Verkehr hinter Verstappen herauskommt, dann wäre seine Einschätzung, wie lange er draußen bleiben kann, vielleicht eine andere gewesen. Aber er wusste es nicht“, sagte der Wiener, 45. Die wichtigen Informationen müssten beiden Seiten verfügbar sein. „Der Fahrer sagt uns, was draußen passiert und was die Reifen machen. Das Team sagt dem Fahrer, was im Rennen passiert.“

Die neuen Herausforderungen bewertet Wolff nicht negativ. „Erfolg ist ein ziemlich schlechter Lehrer. Wenn du geschlagen wirst und die richtigen Konsequenzen ziehst, dann kannst du besser und stärker werden“, betonte er.

Gina muss sich nicht verstecken

Noch lange nicht am Ziel sieht sich auch Ferrari, obgleich Vettel überzeugt ist, dass sich seine „Gina“ schon jetzt motorisch nicht mehr hinter Mercedes verstecken müsse. „Wir sind auf dem richtigen Weg, aber es gibt noch viele Dinge, an denen wir arbeiten müssen. Jeder im Team ist hungrig und will mehr“, erklärte der 29-Jährige. Dass die rote Konkurrenz beim Hybridmotor aufgeholt hat, ist Valtteri Bottas nicht verborgen geblieben. „Die Autos sind sehr dicht beieinander. Der Unterschied beim Antrieb ist minimal“, so der Finne.

Im Training konnten auf dem 5,451 km langen Shanghai International Circuit keine Erkenntnisse gewonnen werden. Starker Nebel in der Stadt machte Helikopterflüge ins Krankenhaus unmöglich, weshalb die erste Einheit nach 22 Minuten (Bestzeit: Max Verstappen) abgebrochen und die zweite ganz abgesagt wurde. Von einer Vorverlegung des Rennens wurde Abstand genommen, da Wind am Sonntag Besserung verspricht.

Vettel feierte seinen bislang einzigen Sieg in Shanghai 2009 im Red Bull. Die letzten drei Grand Prix gingen jeweils an Mercedes, Ferrari war zuletzt vor vier Jahren durch Fernando Alonso ganz oben auf dem Podest vertreten. Der Spanier fährt inzwischen mit McLaren Honda hinterher, nach dem Ausfall in Melbourne kamen in seiner Heimat gar Rücktrittsgerüchte auf. Davon wollte der 35-Jährige nichts wissen. „Ich bin lieber hier als im Supermarkt“, sagte der zweimalige Weltmeister und nahm die Gerüchte über seine Person gelassen. „Jeder steht mir immer nahe, und ich habe ja eine Depression. Aber so ist es nicht.“ Mit dem Sieg wird Alonso am Sonntag aber einmal mehr nichts zu tun haben. (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2017)

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