Die mythische Tempojagd im königlichen Park

Formel 1 in Monza
Formel 1 in MonzaAPA/AFP/MIGUEL MEDINA
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Monza hat Dramen und die Geburt eines Gottes erlebt, auch WM-Leader Sebastian Vettel reist mit besonderer Erinnerung nach Italien an.

Monza/Wien. In Monza ist die Formel 1 von einem ganz besonderen Mythos umgeben, denn auf der 5,793 km langen Strecke im Autodromo Nazionale im königlichen Park wurden Triumphe gefeiert und Dramen geschrieben. Mit einer Ausnahme hat der Grand Prix von Italien seit Einführung der WM 1950 hier stattgefunden, diesen Sonntag (14 Uhr, live, ORF eins, RTL, Sky) folgt die 67. Auflage.

Selbst wenn der ehemalige Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone immer wieder damit drohte, außerhalb des europäischen Kernmarkts viel mehr Geld verdienen zu können – am Heiligtum der Motorsport-Tifosi ist nicht zu rütteln. Mindestens bis Ende 2019 wird die Formel 1 in der Parkanlage Station machen, die 1805 auf Wunsch von Kaiser Napoleon realisiert wurde. Die Tempojagd verspricht Fahrern und Fans Nervenkitzel, die Piloten erreichen Höchstgeschwindigkeiten von mehr als 360 km/h, der Vollgasanteil liegt bei bis zu 79 Prozent.

In Monza fuhr deshalb in der Vergangenheit auch stets ein großes Risiko mit, 19 Todesfälle weist die Statistik seit der Eröffnung der Strecke im Jahr 1922 aus. Als erstes Opfer firmiert aus demselben Jahr der Österreicher Fritz Kuhn, als erster Formel-1-Pilot verunglückte Alberto Ascari 1955 bei Tests. Im „Tempel des Todes“ ließ 1970 auch Jochen Rindt sein Leben und wurde posthum Weltmeister. Seither wurde die Strecke durch Schikanen deutlich sicherer gemacht. Ganz lassen sich Unglücke aber nicht verhindern, so traf 2000 ein loses Rad einen Streckenposten tödlich.

Schumachers göttlicher Coup

Gerade einmal 200 km liegen zwischen Monza und Ferraris Hauptquartier in Maranello, nirgendwo sonst können Piloten der Scuderia im motorsportbegeisterten Italien schneller in den Heiligenstatus aufsteigen. Paradebeispiel hierfür ist Rekordweltmeister Michael Schumacher, der 1996 seine Monza-Premiere in einer roten Göttin gewonnen hat und anschließend vom damaligen Präsidenten, Luca di Montezemolo, kurzerhand zum Gott erklärt wurde. Der Deutsche, um dessen Gesundheitszustand seit dem schweren Skiunfall vor vier Jahren Ungewissheit herrscht, ließ vier weitere Siege folgen und ist damit Rekordgewinner in Italien.

Ferrari muss seit sechs Jahren auf einen Heimtriumph warten, zum 70. Geburtstag des Rennstalls soll Sebastian Vettel der Durststrecke heuer ein Ende setzen. Auch Schumachers Landsmann verbindet mit Monza besondere Erinnerungen, hat er hier doch 2008 im Toro Rosso seinen ersten Formel-1-Sieg gefeiert. „Diese Bilder, diese Emotionen werde ich nie vergessen“, sagte er damals.

Mercedes reiste hingegen mit einer gehörigen Portion Skepsis in den Norden von Mailand. „Ich bin mental ein bisschen vorsichtig, weil wir demnächst nicht immer die Schnellsten sein werden“, meinte Lewis Hamilton, der in der WM-Wertung nur noch sieben Punkte hinter Vettel liegt, und appellierte an sein Team: „Ich versuche herauszufinden, wie ich meine Burschen motivieren kann, sodass sie in die nächsten acht Rennen ein bisschen mehr Magie bringen, damit wir gewinnen.“ (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2017)

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