Badminton: Manipuliert und disqualifiziert

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Acht Badminton-Spielerinnen wurden wegen „freiwilliger“ Niederlagen vom Weltverband disqualifiziert. Ein Ausschluss stand nicht zur Debatte.

London. Mitunter wirkte es wirklich plump und nicht mehr zu übersehen: Sie droschen die Federbälle mit Absicht ins Netz. Und oftmals segelte das aus 16 Gänse- oder Entenfedern bestehende Spielgerät ins Aus. Das geschah den Schiedsrichtern in mehreren Partien bei den Sommerspielen in London zu oft, sie witterten Manipulation. Badminton-Spieler verfügen über ein enorm schnelles Reaktionsvermögen und ein sehr gutes Auge, sie haben das nötige Gespür für die Distanz. Da konnte etwas nicht mit rechten Dingen zugehen.

Der Badminton-Weltverband nahm sich der Sache an, studierte die Unterlagen und Videos der jeweiligen Spiele und kam zu dem erschreckenden Schluss: Ja, es ist Manipulation. Taktieren sei zwar ein geduldetes Element im Spitzensport, aber (offensichtlich) absichtliche Niederlagen seien nicht zu dulden. Zudem waren die Verantwortlichen des Internationalen Olympischen Komitees empört. Diese Spielweise sei geschäftsschädigend, die Spiele müssten makellos sein. Dennoch überließen sie es in ihrer vornehmen Art den Kollegen vom Weltverband BWF, „die richtige Reaktion zu setzen“.

Ein Ausschluss komme aufgrund des weltweiten Aufsehens und des Imageschadens nicht infrage, also wurden am Mittwoch acht Spielerinnen aus China, Südkorea und Indonesien nach langem Hin und Her disqualifiziert. Sie hatten ihre Vorrundenspiele so bestritten, dass sie in der K.-o.-Runde erstens nicht aufeinandertreffen und zudem schweren Gegnerinnen aus dem Weg gehen. Das ist ein Novum in diesem Sport, an dem der Weltverband übrigens selbst schuld ist. Er hat erstmals solche Vorrunden eingeführt und damit diese „Taktik“ ermöglicht.

Damit sind die Sommerspiele in London nach der hitzigen Debatte bei der Fecht-Entscheidung – ein Treffer kurz vor Ablauf der Kampfzeit sorgte für heftige Proteste Südkoreas – um einen Eklat reicher. Schon vor der Disqualifikation hatten Organisationschef Sebastian Coe und IOC-Sprecher Mark Adams dieses Verhalten als „inakzeptabel“ bezeichnet. „So etwas ist bei den Spielen nicht zu dulden. Diese Spielerinnen müssen weg.“

Sie hätten den olympischen Eid gebrochen, der jeden Teilnehmer an faires Verhalten binde. Olympia ist eben keine WM.

China als Zankapfel

Vor allem an der Spielweise der topgesetzten Chinesinnen Wang Xiaoli und Yu Yang stieß sich das Publikum in der Wembley Arena. Sie hätten sich nicht einmal bemüht, es wenigstens halbwegs normal scheinen zu lassen – sie schafften kaum ein passables Service. BBC-Reporterin Gail Emms, selbst einst Badminton-Spielerin, formulierte es so: „Sie haben so gespielt, dass sogar mein Baby die Partie gewonnen hätte.“

Die Chinesinnen rechtfertigten ihr Schauspiel mit der Begründung, den Aufstieg doch schon vor der Partie fixiert zu haben. Auch in China wollte das niemand akzeptieren, und so schimpfte Lin Dan, er ist Weltranglisten-Erster und Olympiasieger von 2008, dass „so etwas dem Sportsgeist widerspricht und für China eine unfassbare Schande ist“. Die Hauptschuld an dieser Blamage trage aber der Weltverband, der die Regeländerung und damit auch das falsche Spiel zu verantworten habe, fügt Dan hinzu.

Dass die Chinesinnen in den Skandal verwickelt sind, ist auch aus einem anderen Grund besonders pikant. Denn vor einiger Zeit hatte Cheftrainer Li Jongbo sogar öffentlich eingeräumt, dass es 2004 in Athen im Damen-Halbfinale eine Absprache gegeben hatte. Zum Wohl der Nation wurde individuelles Können per „Weisung“ hintangestellt.

Ihre Schauspielkunst hinterfragen müssen auch zwei Koreanerinnen. Sie machten es zwar den anderen Betrügerinnen gleich und spielten amateurhaft – gewannen aber trotzdem. Was das über das Spielniveau ihrer Gegnerinnen aussagt, steht auf einem ganz anderen Blatt ...

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2012)

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