"Skandal": Russischer Eiskunstlauf-Sieg sorgt für Empörung

Yuna Kim und Adelina Sotnikowa
Yuna Kim und Adelina SotnikowaAPA/EPA/BARBARA WALTON
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Diskussionen um die hohe Punktwertung für Adelina Sotnikowa. Nicht nur Doppel-Olympiasiegerin Katarina Witt fordert mehr Transparenz.

Das überraschende Eiskunstlauf-Gold der 17-jährigen Russin Adelina Sotnikowa in Sotschi hat für große Empörung gesorgt. Sotnikowa siegte am Donnerstag mit 224,59 Punkten vor der fehlerfreie Vancouver-Olympiasiegerin Kim Yu-Na (219,11) aus Südkorea und der Italienerin Carolina Kostner (216,73). Experten wie die zweifache deutsche Olympiasiegerin Katarina Witt hatten Kim vorne gesehen.

Die französische Sportzeitung "L'équipe" titelte "Skandal - die Punktrichter haben Russland das erste Einzelgold geschenkt, aber Adelina Sotnikowa hat es nicht verdient." Das südkoreanische Blatt "Korea Times" fragte in der Freitagsausgabe polemisch "Skandal oder Eislauf?", der italienische "Corriere dello Sport" wertete das Urteil als "Unrecht".

Südkorea zürnt, Putin gratuliert

In Südkorea, wo Kim eine Idol ist, war die Empörung besonders groß. Innerhalb von sechs Stunden unterzeichneten über 700.000 Südkoreaner eine Petition, in der die Preisrichter aufgefordert wurden, ihre Benotung zu korrigieren.

Ganz anders reagierte Wladimir Putin. Der Präsident des Gastgeberlandes der Winterspiele gratulierte Sotnikowa in pathetischen Worten: "Ganz Russland ist stolz auf dich." Sie habe bewiesen, welche Qualität das russische Eiskunstlauf-Team in den vergangen Jahren erreicht habe. Viele Kritiker mutmaßen, dass dieser Triumph die Enttäuschung nach dem Aus der Eishockey-Spieler übertünchen soll.

Witt: "Fassungslos und sauer"

Kim war auf gutem Weg, als dritte Eiskunstläuferin nach Sonia Henie (Gold 1928, 1932 und 1936) und Katarina Witt (Gold 1984 und 1988) ihren Olympiasieg zu wiederholen. Für Witt wäre das absolut gerechtfertigt gewesen. "Ich war komplett fassungslos und sauer auf unseren Sport, da muss man sich nicht wundern, wenn sich die Leute abdrehen", sagte die vierfache Weltmeisterin am Freitag. Auch die drittplatzierte Kostner sei zu schlecht weggekommen.

Die Deutsche hatte als ZDF-Expertin unmittelbar nach der Entscheidung um Worte gerungen. Nun fordert sie, die Anonymität der Jury aufzuheben. "Im neuen Wertungssystem wollte der Verband die Preisrichter schützen. Aber sie müssen dafür gerade stehen, was sie für Punkte verteilen, sie müssen es erklären können", betonte Witt.

Anonymität der Richter in der Kritik

Nach Olympia wird sich die Internationalen Eislauf-Union (ISU) bei ihrem Kongress im Juni in Irland dem Thema Anonymität der Jury erneut annehmen müssen. Wie von Witt gefordert und vom deutschen Verband befürwortet, stellte der amerikanische Eiskunstlauf-Verband schon vor vier Wochen den Antrag, wieder die Nationalitäten und Bewertungen der Juroren offenzulegen. "Das wäre eine Katastrophe für unsere Sportart. Wir wollen nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen", sagte dagegen ISU-Eventmanager Peter Krick.

Im nach dem Paarlauf-Skandal von Salt Lake City 2002 veränderten Benotungssystem wollte man die Juroren auch vor dem Druck der eigenen Länder schützen. Verbände können derzeit nicht einsehen, wie ein Preisrichter aus ihrem Land gewertet hat. Eine mögliche Veränderung könnte der Verzicht auf Verbandsfunktionäre und deren Verwandte im Preisgericht sein. "Funktionäre sind immer befangen", meinte Krick.

So saß die Ehefrau des Generaldirektors des russischen Eiskunstlauf-Verbandes, Alla Schechowtsewa, in der Jury. Besonders kritisch beäugt wurde auch, dass der Ukrainer Juri Balkow, der wegen versuchter Absprachen bei den Winterspielen 1998 in Nagano für ein Jahr gesperrt war, wieder dabei war.

Entscheidung nicht anfechtbar

An der Entscheidung zugunsten von Sotnikowa wird das nichts mehr ändern, ein Einspruch gegen das Urteil ist nicht möglich. "Die Wertung ist unantastbar, sie ist wie eine Tatsachenentscheidung nicht anfechtbar", sagte Krick. Intern würden zwei Preisrichter die Wertung der Jury analysieren und einen Bericht abliefern.

(APA/dpa)

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