Klassische Beziehung: EPO und Ausdauersport

Das leistungssteigernde Hormon Erythropoietin steht seit 1990 auf der Verbotsliste. Es wird im Sport häufig in Verbindung mit anderen Substanzen verwendet.

Wien. Das Hormon Erythropoietin (EPO) regt die Bildung roter Blutkörperchen an, die für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich sind. EPO wird vom menschlichen Körper gebildet, kann seit 1983 aber auch gentechnisch hergestellt und damit künstlich zugeführt werden. Das Hormon trägt im Ausdauersport zu einer erheblichen Leistungssteigerung bei und steht daher seit 1990 auf der Verbotsliste.

Entwickelt wurde EPO für Patienten mit schweren Nierenleiden, bei denen Blutarmut auftritt. Bis zum Jahr 2000 war der analytische Nachweis eines EPO-Missbrauchs im Sport sehr schwierig, weil das vom Organismus produzierte nicht vom synthetischen EPO zu unterscheiden war. Den Durchbruch beim Aufspüren von verbotenen EPO-Einnahmen schaffte der Franzose Francoise Lasne, der ein direktes Nachweisverfahren auf der Grundlage einer Urinanalyse entwickelte.

Die leistungssteigernde Wirkung von EPO hält wie bei der Methode der Transfusion mit Eigen- und Fremdblut (Blutdoping) zwei bis drei Wochen an, kann aber im Urin lediglich 48 Stunden lang zuverlässig nachgewiesen werden. Das österreichische Antidopinglabor in Seibersdorf hat dafür eine Spezialkamera und eine Spezialsoftware entwickelt, die weltweit eingesetzt werden. Bis ins Jahr 2000 war künstliches EPO nur im Blut und höchst unzuverlässig nachzuweisen.

EPO-Doping ist in den vergangenen Jahren in Ausdauersportarten zu einem erheblichen Problem geworden. Der Fall des Skilangläufers Johannes Dürr ist der bisher letzte in einer langen Reihe auch weit prominenterer Sportler, denen die Verwendung nachgewiesen wurde. EPO wird im Sport in kleinen, schwer nachweisbaren Dosen und häufig auch in Verbindung mit anderen Substanzen missbraucht.

Mögliche Nebenwirkungen des Missbrauches des Medikamentes, das als flankierende Maßnahme bei Chemotherapien und in der Chirurgie bei Operationen mit erheblichem zu erwartenden Blutverlust angewendet wird, sind Blutverdickung und in weiterer Folge die Bildung von Blutgerinnseln. Als Maß für die Zähflüssigkeit des Blutes dient der Hämatokritwert, der den Anteil von zellularen Bestandteilen im Verhältnis zum Gesamtvolumen angibt und mittels Zentrifuge ermittelt wird.

Beträgt der Wert mehr als 50 Prozent, werden etwa Radsportler aus Gesundheitsgründen mit einer zweiwöchigen „Schutzsperre“ belegt, dürfen in dieser Zeit zwar nicht zu Wettkämpfen antreten, werden aber nicht als Dopingfälle betrachtet. Zahlreiche Sportler argumentieren ihre hohen Werte mit genetischen Voraussetzungen sowie Höhentraining. Bei längerem Aufenthalt in hoch gelegenen Regionen mit sauerstoffarmer Luft reagiert der Körper mit der Bildung zusätzlicher roter Blutkörperchen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2014)

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