Olympiasieger für Doping-Freigabe

Russian Indoor Championships 2016 in Moscow
Russian Indoor Championships 2016 in MoscowREUTERS
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"Wenn ich etwas nicht kontrollieren kann, dann sollte ich es auch nicht kriminalisieren", sagt der deutsche Leichtathlet Nils Schumann. Er bricht damit eine neue Doping-Diskussion vom Zaun.

Fast 16 Jahre nach seinem Gold-Coup von Sydney hat der Mittelstrecken-Läufer Nils Schumann mit seiner Vergangenheit aufgeräumt - und provoziert mit der Befürwortung der Freigabe von Dopingmitteln. "Ich bin ganz klar gegen Doping! Aber ich sage auch: Wenn ich etwas nicht kontrollieren kann, dann sollte ich es auch nicht kriminalisieren", erklärte der Deutsche im dpa-Gespräch.

"Der saubere Athlet ist effektiv der Dumme und steht auch noch unter Generalverdacht", sagte der 800-m-Olympiasieger von 2000. Wenn man Doping legalisiere, "kann man zumindest dafür sorgen, dass die Leute wissen, was genau sie da überhaupt konsumieren", meinte Schumann. "Statt bei dubiosen Internet-Anbietern können sie dann bei staatlich überprüften Herstellern kaufen, die ihre Produkte ähnlich wie heute schon Zigaretten mit deutlichen Warnhinweisen versehen."

Auch in seinem kürzlich erschienenen Buch "Lebenstempo - in Alltag und Sport den eigenen Rhythmus finden" vertritt der Geschäftsführer einer Fitness-Firma diese seit Jahrzehnten kontrovers diskutierte These: "Wenn wir wirklich klare Verhältnisse wollen, dann bleibt uns nur die Freigabe aller leistungssteigernden Mittel." Es falle ihm schwer zu sagen, aber: "Wenn wir heute ernsthaft die Legalisierung von Drogen wie Cannabis oder gar Heroin diskutieren, warum dann auch nicht die von Doping?"

Leistungssportler könnten sich bei einer Freigabe "offizielle Dopingsponsoren suchen", meinte der Thüringer, "deren eigenstes Interesse es wäre, dass ihre Medikation keine problematischen Nebenwirkungen zeigt." So würde der Leistungssport neu an Dynamik gewinnen. "Endlich wären wieder Weltrekorde möglich, "die nicht unter Verdacht stünden, in Zukunft annulliert zu werden", sagte Schumann.

Vor zwölf Jahren stand plötzlich auch der Europameister von 2002 im Fokus der Dopingfahnder. Denn Schumann hatte sich im Sommer 2003 auf eine Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Trainer Thomas Springstein eingelassen, der im März 2006 wegen Dopings von Minderjährigen zu 16 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde. Zwar hatte sich der Olympiasieger schon im September 2004 wieder von Springstein getrennt, doch die Auswertung von Prozess-Dokumenten brachte dem Weltklasse-Mittelstreckenläufer ein Ermittlungsverfahren des Deutschen Leichtathletik-Verbandes ein.

"Schon stand auch ich unter Dopingverdacht, und die Presse lief Sturm", erinnert sich Schumann. Als der DLV das Verfahren gegen ihn Anfang 2007 einstellte, war das "höchstens einen Dreizeiler wert. Mein Ruf war dauerhaft beschädigt."

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