Wie Russland es doch zu Olympia schaffte

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FILES-OLY-2016-DOPING-RUSAPA/AFP/RIA NOVOSTI/ALEXEI DRUZH
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Der deutsche IOC-Präsident Thomas Bach gilt für Russland als Retter in der Not.

Die Sportwelt reagiert kritisch, Russland feiert. "Rio, wir kommen", titelten Moskauer Zeitungen nach der Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Russland trotz massiver Dopingvorwürfe nicht komplett von den Sommerspielen auszuschließen. Und Russlands Staatsmedien lassen keinen Zweifel daran, wem die Sportgroßmacht das in erster Linie zu verdanken hat.

Der deutsche IOC-Chef Thomas Bach lachte am Montag in Russland von vielen Titelseiten. "Bach sagte: Auf geht's", titelt die auflagenstarke Boulevardzeitung "Moskowski Komsomolez". Staatsdoping? Am Tag nach der IOC-Entscheidung spielen die schweren Verstöße der Vergangenheit in den meisten russischen Medien keine Rolle. Es überwiegt das Triumphgefühl, es trotz aller Hürden eben doch nach Rio de Janeiro geschafft zu haben. "Die Sportler werden am Donnerstag abfliegen", teilte Russlands NOK-Chef Alexander Schukow bereits mit. Zwar sei in den vergangenen Wochen erheblicher Druck auf Bach ausgeübt worden, Russland zu sperren. "Aber er hat widerstanden", lobte Schukow den IOC-Chef.

Das bewerten in internationalen Fachkreisen viele anders. Dort steht Bach besonders deswegen in der Kritik, weil er die Verantwortung delegiert. Er überlässt es Fachverbänden, einzelne Athleten wegen Dopings von Olympia auszuschließen.

Russlands Sportminister Witali Mutko nennt die Kriterien zwar "extrem hart". Aber der Vertraute von Präsident Wladimir Putin ist gewiss: "Die Mehrheit der russischen Athleten wird nach Rio fahren." Zwar einzelne Sperren, aber grundsätzlich grünes Licht für Brasilien: "Zuckerhut und Peitsche" - so verstehen viele in Russland Bachs Entscheidung.

Der gut vernetzte Putin

Kremlchef Wladimir Putin begrüßte denn auch die Starterlaubnis für Russen bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. Russland werde nun noch enger mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und weiteren Organisationen zusammenarbeiten, "um die Folgen des Dopingskandals zu beseitigen", sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau.

Zugleich bedauerte er, dass zahlreiche russische Sportfunktionäre keine Akkreditierung für die Spiele im August in Brasilien bekommen hätten, darunter auch Sportminister Witali Mutko. Kremlchef Putin selbst plane keinen Besuch der Eröffnungszeremonie der Sommerspiele, hieß es weiter.

Moskauer Medien heben oft ein enges persönliches Verhältnis zwischen Bach und Putin hervor. Kaum jemand gilt in der globalen Sportpolitik als so gut vernetzt wie Putin.

Putin, der frühere Geheimdienstchef, habe sich erneut als gewiefter Taktiker gezeigt, kommentiert der Rundfunksender Echo Moskwy: "Dem Kreml ist es tatsächlich gelungen, massenhaftes Doping als eine Tat Einzelner darzustellen."

Dass eine neu gegründete Anti-Doping-Kommission nun für sauberen Sport sorgt, glauben in Russland wenige. Der 81-jährige Leiter Witali Smirnow gilt als Ex-Sowjetfunktionär nicht als Garant für Offenheit.

Große Beachtung findet in Moskau das Schicksal der Whistleblowerin Julia Stepanowa, die das IOC wegen ihrer Doping-Vergangenheit nicht als Teilnehmern, sondern nur als Gast in Rio akzeptiert hat. Das Moskauer Magazin "Argumenty i Fakty" fragt, warum etwa Dopingsünder Justin Gatlin (USA) in Brasilien starten dürfe - und Stepanowa nicht.

"Die russische Fahne wird in Rio wehen", jubelte das Staatsfernsehen. In den Triumph mischt sich auch Erleichterung. Denn Moskau war in den vergangenen Tagen alles andere als siegesgewiss.

(APA)

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