Clemens Doppler : "Die Dopingausreden nerven!"

Austria´s Doppler dives for the ball during their FIVB Beachvolleyball Grand Slam match against Bellaguarda and Heuscher from Switzerland in Klagenfurt
Austria´s Doppler dives for the ball during their FIVB Beachvolleyball Grand Slam match against Bellaguarda and Heuscher from Switzerland in Klagenfurt(c) REUTERS (� Dominic Ebenbichler / Reuters)
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Beachvolleyballer Clemens Doppler spricht vor dem ersten Aufschlag am Zuckerhut vom Zauber der Copacabana, Terrorangst und Doping. Das IOC-Urteil sei eine "Frechheit".

Olympia an der berühmten Copacabana von Rio. Sie müssen aufgeregt sein, oder?

Da geht nichts mehr drüber! Beachvolleyball in Rio, ein olympisches Turnier an der Copacabana: Was willst du mehr? Wir spielen dort, wo der Sport seinen Ursprung hat. Ich glaube, jedes Spiel ist mit 12.000 Fans ausverkauft, wir spielen noch dazu die Eröffnungspartie gegen Italien. Warum das Turnier nicht ein brasilianisches Team eröffnet, weiß ich nicht, aber es ist natürlich das Allergeilste, was dir passieren kann.

Sie treffen auch auf das brasilianische Topduo Alison/Bruno. Ein Traum?

Gegen die Nummer eins der Welt, einen absoluten Goldkandidaten, spielen zu dürfen bedarf keiner weiteren Worte. Der Druck lastet auf den Brasilianern. Gewinnst du als Brasilianer eine Olympiamedaille, bist du unsterblich. Sie würden sämtliche Weltmeistertitel gegen eine olympische Bronzemedaille eintauschen.

Ist die Situation der Beachvolleyballer vergleichbar mit jener des Fußballnationalteams vor der WM 2014?

Bestimmt. Natürlich ist Fußball die Sportart Nummer eins, aber Volleyball beziehungsweise Beachvolleyball gehören zu den Top Five. Immer, wenn wir vor Ort mit Brasilianern trainiert haben, haben Hunderte Leute zugesehen. Schon auf dem Flughafen in Rio hängen riesengroße Plakate von den Beachvolleyballern. Der Sport hat dort einen ganz anderen Stellenwert.

In Rio spielen Sie gegen Kanada um Mitternacht. Betreten Sie damit Neuland?

Total, ich habe noch nie um diese Uhrzeit gespielt. Einmal bin ich in Peking um 23 Uhr auf dem Court gestanden, das war brutal schwierig. Zu dieser Zeit ist dein Biorhythmus für gewöhnlich im Schlafmodus. Wir werden vor Ort eine nächtliche Trainingseinheit einlegen.

Olympia 2016 entwickelt sich schon vorab zu politischen Spielen, das IOC hat Russland begnadigt. Wie denken Sie über das Urteil?

Eine Frechheit. Das hat mit Sport nichts mehr zu tun. In Österreich ist Doping ein Kavaliersdelikt. Du bist gedopt, und zwei Monate später interessiert es keinen mehr. Aber wenn du die Russen, die staatlich organisiertes Doping betrieben haben, nicht sperrst, ja was soll denn dann noch passieren?

Die nächsten Ausreden liegen somit schon parat.

Diese elendigen und fadenscheinigen Ausreden, die jedes Mal nach einem Großereignis kommen, gehen mir brutal auf die Nerven. „Ich hatte keine Ahnung; das gibt es nicht; mir wurde etwas untergejubelt“ – das haben wir doch schon alles zigmal gehört.

Glauben Sie noch an den sauberen Sport?

Ich lege für überhaupt niemanden mehr, außer für meinen Partner, Alex, und mich, die Hand ins Feuer. Speziell bei den Ausdauer- und Schnellkraftsportsportlern würde ich für keinen unterschreiben.

Ging dadurch ein wenig der Sinn für Fairness und die Liebe zum Sport verloren?

Ich habe früher sehr viel Leichtathletik und Radfahren verfolgt, das mache ich heute überhaupt nicht mehr. Schauen Sie sich die Tour de France an: Das glaubt doch keiner, dass dort die Top 20, Top 30 sauber sind. Das kann kein normal denkender Mensch glauben.

Wird im Beachvolleyball gedopt?

Es ist sicher nicht weit verbreitet, aber es gibt Doping im Beachvolleyball, bestimmt. Hätte ich den Glauben, alle rund um mich würden dopen, wüsste ich nicht, was ich tue. Ich bin froh, dass ich Beachvolleyballer und kein Radfahrer oder Sprinter bin.

Unterhalten Sie sich auch mit anderen Sportlern über Doping?

Klar, immer wieder. Ich habe mit Marc Janko, einem guten Freund von mir, viel darüber gesprochen. Er glaubt, dass der Fußball nicht sauber ist, obwohl oder gerade weil man relativ wenig in diese Richtung hört. Aber für viele ist Doping ein Tabuthema.

Rio fürchtet auch den Terror. Wie gehen Sie mit der Angst davor, mit etwaigen Einschränkungen in Ihrem Leben um?

Bis vor einem, eineinhalb Jahren hätte ich gesagt, mein Leben wird davon überhaupt nicht beeinflusst. Da hätte ich auf Flughäfen oder im Flugzeug nie darüber nachgedacht, heute verliere ich schon so manchen Gedanken daran. Mittlerweile habe ich ein bisschen ein mulmiges Gefühl. Es ist eine Frechheit, was Terroristen mit uns machen und welche Angstmache gewisse Medien verbreiten. Ein schwieriges Thema. Man könnte Stunden darüber reden.

Aber in Rio wähnen Sie sich an einem sicheren Ort?

Wir können aufgrund unseres ersten Spiels nicht an der Eröffnungsfeier am Abend zuvor teilnehmen. Das wäre ein Anlass, etwas Schiss zu haben. Aber wenn einer deppert ist, dann macht er es sowieso. Egal, ob in Rio oder auf der Mariahilfer Straße.

Viele Golfstars haben das Zikavirus als Grund für ihre Absage genannt. Sie als erklärter Olympia-Befürworter können wohl nur den Kopf darüber schütteln, oder?

Das muss jeder für sich entscheiden. Für mich zählt einfach der olympische Gedanke, weswegen mich auch die Aussage von Dominic Thiem, wonach Olympia für Sportler interessant sei, die vier Jahre nicht im Rampenlicht stehen, total geärgert hat. Da hätte es mich fast vom Rad geschmissen.

Sie werden im September 36 Jahre. Kann Tokio 2020 noch ein Thema sein?

Damit habe ich mich noch keine Sekunde befasst. Nach jetzigem Stand werde ich nach Rio nicht aufhören.

Steckbrief

Clemens Doppler
wurde am 6.9.1980 in Kirchdorf an der Krems (OÖ) geboren. Nach Erfolgen beim Hallenvolleyball wechselte er zum Beachvolleyball und erzielte bald große Erfolge. 2003 (mit Nik Berger) und 2007 (mit Peter Gartmayer) gewann er EM-Gold.

Doppler bestreitet in Rio seine dritten olympischen Spiele nach Peking (Achtelfinale) und London (Vorrunde). In Rio treffen Doppler/Horst auf Alison/Bruno (BRA), Carambula/Ranghieri (ITA) und Binstock/Schachter (CAN).

In Klagenfurt erreichte kein ÖVV-Duo das Achtelfinale.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2016)

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