Die Alpenetappe von Rio de Janeiro

Cycling Road - Men´s Road Race
Cycling Road - Men´s Road Race(c) REUTERS (ERIC GAILLARD)
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Start und Ziel an der Copacabana, 237,5 Kilometer, 4500 Höhenmeter und der Chinesen-Pass: Das Straßenrennen ist ein erstes Highlight der Spiele. Ein ÖRV-Duo tritt an, Favorit ist Chris Froome.

Rio de Janeiro/Wien. Weltweit haben nur zwei Radprofis heuer mehr Wettkampftage in den Beinen als der Steirer Georg Preidler. 78 Tage verbrachte er bei Rennen im Sattel, nur Thomas Voeckler (80) und Davide Cimolai (79) liegen vor ihm. 12.329 km hat Preidler dabei zurückgelegt, darunter den Giro d'Italia, wo er auf der Königsetappe als Dritter knapp den großen Coup verpasst hat, und die Tour de France.

„Ich bin im Kopf noch frisch und voll motiviert“, erklärte der 26-Jährige vor dem olympischen Straßenrennen in Rio (14.30 Uhr, live in ORF eins). „Besser und härter als bei der Tour kann man nicht trainieren. Meistens gehe ich stärker aus einer Grand-Tour heraus als hinein. Jetzt kommt noch ein Höhepunkt.“

Mit Teamwork zu Gold

Allein wegen der spektakulären Küstenstrecke ist das Radrennen ein erstes Highlight der Spiele. Los geht es an der Copacabana, viermal ist der hügelige Grumari-Rundkurs, danach dreimal der Vista-Chinesa-Rundkurs mit einer 8,9 km langen Kletterei (500 Höhenmeter, 19 Prozent maximale Steigung, 6,2 im Schnitt) zu bewältigen. Weitere Schwierigkeiten: Der Wind an der Küste, eine Kopfsteinpflasterpassage und die rasante Abfahrt vor dem Ziel. Nach etwa sechs Stunden liegen 237,5 km und 4500 Höhenmeter hinter den 142 Teilnehmern. Das Streckenprofil gleicht einer Alpenetappe bei der Tour de France, im Vorfeld ist vom schwersten Straßenrennen in der Olympia-Geschichte die Rede.

„Dass das Rennen so lange und schwer ist, und dass es wahrscheinlich komplett unkontrolliert sein wird, kommt uns entgegen“, meinte Preidler. Der zweite Österreicher am Start ist Stefan Denifl, 28. Er sagt: „Wir sind jeden Meter abgefahren. Vor allem die letzten drei Runden werden hart.“ Beide sind bergerprobt, haben als Duo aber nur Außenseiterchancen.

Die fünfköpfige britische Phalanx um Christopher Froome ist da schon im Vorteil. Für eine Medaille sei Teamwork nötig, erklärte der frisch gebackene dreifache Tour-de-France-Sieger. Froome darf Unterstützung von seinen hochkarätigen Teamkollegen Geraint Thomas, Adam Yates, Steve Cummings und Ian Stannard erwarten. „Das Rennen ist eine Lotterie. Alles kann passieren. Am Ende des Tages werden wir unsere Egos zurückstellen müssen und gemeinsam versuchen, eine Medaille zu bekommen“, betonte Froome. Auch Alejandro Valverde (ESP), Ex-Toursieger Vincenzo Nibali (ITA) und der aktuelle Tour-Zweite, Romain Bardet (FRA), zählen zu den Siegkandidaten. Preidlers Geheimfavorit ist Ex-Weltmeister Rui Costa (POR).

Die Medaillenentscheidung fällt wohl am Vista-Chinesa-Anstieg und der anschließenden Abfahrt durch ein tropisches Waldstück. An Wochenenden und frühmorgens quälen sich hier Hunderte Hobbyradler die Serpentinen hinauf. Der Lohn: eine chinesische Pagode mit einem der schönsten Ausblicke über Rio. Der Chinesen-Pass ist zugleich Trainingsstrecke der wachsenden Radszene. 450 km Radwege gibt es inzwischen in der Metropole, ein Rückschlag war im April der Zusammenbruch eines neuen Teilstücks an der Küste, zwei Menschen starben. Doch gerade in Strandvierteln wie Copacabana sind Fahrräder mittlerweile fester Bestandteil des Straßenbilds.

Am berühmten Strand liegt auch das Ziel des Straßenrennens. Sollte Froome wider Erwarten nicht als Erster ankommen, bleibt ihm noch das Zeitfahren am Mittwoch. Auch Preidler wird beim Kampf gegen die Uhr antreten. „Die Saison war schon hart, aber nach Olympia mache ich drei Wochen Pause.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2016)

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