Nach dem feierlichen Abschied von Rio begrüßte Tokio mit verkleidetem Premier die Spiele 2020. Japan verspricht perfekte Organisation und kurze Wege, der Preis dafür ist hoch.
Rio de Janeiro/Wien. Mit einer bunten, fröhlichen Feier hat die olympische Bewegung am Sonntagabend Abschied von Rio de Janeiro genommen. Nachdem Brasiliens Volleyballer und die US-Basketballer mit ihren Triumphen die sportlichen Schlusspunkte gesetzt hatten, zogen zur Schlussfeier noch einmal die 206 Nationen in das Maracanã-Stadion ein. Österreichs Aufgebot wurden von Thomas Zajac und Tanja Frank, den Bronzemedaillegewinnern im Segeln, angeführt. Selbst starker Regen vermochte die stimmungsvolle Zeremonie mit Sambaklängen und Elektro-Pop nicht zu trüben.
„Das waren wunderbare Spiele in der wunderbaren Stadt“, sagte IOC-Präsident Thomas Bach. Die Brasilianer hätten „mit unwiderstehlicher Lebensfreude die Welt inspiriert. Olympia war ein Fest der Vielfalt“, lobte der Deutsche, der jedoch auffällig wenige Superlative verwendete und Organisations- wie Sicherheitsprobleme erst gar nicht thematisierte. Rio hat wie ganz Brasilien mit wirtschaftlichen und sozialen Problemen zu kämpfen. Nicht ohne Grund wagte sich Interimspräsident Michel Temer, der bei der Eröffnungsfeier ausgepfiffen worden war, nicht mehr ins Stadion. Dass das Maracanã in grellen Lichtern erstrahlte, während in der nahegelegenen Favela der Strom ausfiel, war Sinnbild der ersten Spiele in Südamerika.
Premier Abes großer Auftritt
Um 22.26 Uhr Ortszeit erlosch schließlich die olympische Flamme und das Staffelholz ging weiter an Tokio. Rios Bürgermeister, Eduardo Paes, übergab unter Buhrufen des Publikums die Fahne an Bach, der sie stellvertretend für die Sommerspiele 2020 wiederum an Tokios Gouverneurin Yuriko Koike weiterreichte. „Unser Motto lautet: höher, weiter, schneller – aber auch sauber und transparent“, erklärte die 64-Jährige. Der künftige Gastgeber stellte sich mit einer temporeichen Hightech-Lichtshow vor. Nach der virtuellen Reise durch Stadt und Land erschien auf einem Podest in der Mitte des Stadions plötzlich ein leibhaftiger Super Mario, die Videospielfigur ist das Maskottchen der nächsten Spiele. Nach Abnehmen der Maske kam niemand Geringerer als Japans Premierminister, Shinzo Abe, zum Vorschein.
2013 hatte sich Tokio gegen Istanbul und Madrid durchgesetzt und zum zweiten Mal nach 1964 den Zuschlag erhalten. Nicht weniger als „die besten Olympischen Spiele aller Zeiten“ wolle Tokio in vier Jahren veranstalten, kündigte IOC-Präsident Bach an. Im Gegensatz zu so manch chaotischen Zuständen und improvisierten Lösungen in Brasilien möchte Japans Hauptstadt vom 24. Juli bis zum 9. August 2020 mit perfekter Organisation und kurzen Wege aufwarten.
Kosten bereits versechsfacht
Da Tokio im Vergleich zu Rio über deutlich weniger Platz verfügt, liegen die Wettkampfstätten automatisch näher beisammen. So werden sich 28 der insgesamt 33 Sportanlagen, darunter der 1,1 Milliarden Euro teure Neubau des Olympia-Stadions, in einem Acht-Kilometer-Radius vom zentral gelegenen olympischen Dorf befinden. „Alle werden weniger als 30 Minuten von jeder Anlage entfernt sein“, betonte der Logistikchef des Organisationskomitees, Motoki Tanaka, in einem Interview mit der brasilianischen Zeitung „O Globo“.
Der Vorteil der kurzen Wege stellt zugleich aber auch die größte Herausforderung dar. Die engen Bauten und Straßen sind nicht nur für die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen problematisch, sondern versprechen auch ein Verkehrschaos. Einen Eindruck davon konnte sich Tanaka in Rio holen, mit einem 20-köpfigen Beobachterteam war er vor Ort, um Erfahrungen und Ideen zu sammeln.
Entgegen der Ankündigung von IOC-Chef Bach ist ein Ende der olympischen Gigantomanie aber weiter nicht in Sicht. Wie japanische Medien berichten, haben sich die ursprünglich veranschlagten Kosten in Tokio durch nicht einkalkulierte Bauvorhaben, höhere Personalausgaben und gestiegene Materialpreise bereits auf rund 13,7 Milliarden Euro versechsfacht.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2016)