Von der Unordnung im Sport

Der Rechnungshof stellt erhebliche Mängel beim Österreichischen Institut für Sportmedizin fest. Das Wissenschaftsministerium prüft und zahlt.

Manchmal wird eine längere Geschichte erst sichtbar, wenn man von der Seite darauf schaut. Der Bundesrechnungshof prüfte „aufgrund einer Stichprobe nach dem Zufallsprinzip“ das Österreichische Institut für Sportmedizin.

Es wurde 1969 als Stiftungsfonds des Bundes zum Zwecke der sportmedizinischen Forschung und Versorgung von Sportlern und Sportstudenten gegründet und beschäftigte zum Zeitpunkt der Prüfung 13 Mitarbeiter, davon fünf Ärzte.

Der legendäre Sportmediziner Ludwig Prokop leitete es viele Jahre. Die Sportstudenten nannten ihn mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Furcht „Luigi“. Prokop trug Mascherl, bevor Wolfgang Schüssel Fliege buchstabieren konnte, er war der Pionier des heimischen Kampfes gegen Doping. Während Olympischer Spiele arbeitete er im IOC-Labor, das die vor Ort gezogenen Urinproben auf unerlaubte Substanzen untersuchte.

„Luigis“ Nachfolger im ÖISM, Norbert Bachl, drängte in seiner Zeit als Vorstand zugunsten der Sportmedizin die reflexiven, geisteswissenschaftlichen und pädagogischen Aufgaben des Instituts für Sportwissenschaften zurück. Das ÖISM lebt von Subventionen, 2010 zu 70 Prozent, das Geld kommt aus mehreren Ministerien. Dafür fehlt freilich eine rechtssichere Grundlage. Der Rechnungshof stellte fest, dass die „Originale des Stiftungsbriefes und seiner Änderungen samt behördlicher Genehmigungen“ nicht zu finden waren. Selbst die gesetzlich vorgeschriebene Genehmigung der Fondsbehörde ist weg. Der Rechnungshof musste sich mit Kopien behelfen.

Zwischen 2005 und 2012 überwies das Wissenschaftsministerium mehr als 1,5 Millionen Euro. Dazu kommen jährliche Förderungen des Sportministeriums (2010: 80.000€). Zusätzlich verdient sich das ÖISM durch sportmedizinische Untersuchungen ein Zubrot. Die Dokumentation dieser Dienstleistungen, die zwischen 2007 und 2010 um 33 Prozent stiegen, ist mangelhaft. Wie die Haushaltsführung.


Das Kuratorium des ÖISM müsste dem Geschäftsführer (Bachl) die Zustimmung für Überschreitungen von mehr als 10Prozent im Vorhinein erteilen. Die erfolgte aber nicht. Dennoch kam es „in den Jahren 2007, 2008 und 2009“ zu Überschreitungen des Sachaufwandes von bis zu 37%. Selbst eine Kostenrechnung vermisste der Rechnungshof, auf Buchungsbelegen fehlt die „betriebliche Veranlassung“. Ob Spesen rechtens ausgezahlt wurden, ist also nicht mehr nachvollziehbar.

Das Wissenschaftsministerium versicherte auf Anfrage, dass inzwischen eine Kostenrechnung eingerichtet wurde und der Stiftungsbrief überarbeitet wird. Eine Verschmelzung des ÖISM (ÖVP-lastig) mit dem Institut für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung IMSB in der Südstadt (SPÖ-lastig) ist im parteipolitisch gespaltenen Sportsystem Österreichs eine Illusion.

Bachl, der für Fragen keine Zeit hatte, und das ÖISM sollen es gewesen sein, die nach dem Zusammenbruch des Ostblocks dem DDR-Trainings- und Dopingexperten Bernd Pansold eine Beschäftigung boten. Damals waren freilich Pansolds DDR-Dopingtätigkeiten noch nicht allgemein bekannt. Später arbeitete Pansold, der in Deutschland im Zusammenhang mit Doping rechtskräftig wegen Beihilfe zur Körperverletzung verurteilt wurde, im Trainingszentrum Obertauern. Dort übten viele Langläufer und Alpine des ÖSV, unter anderem Hermann Maier.

Heute arbeitet Pansold für Didi Mateschitz im RB-Trainingszentrum Thalgau unter anderem mit Lindsey Vonn und Sebastian Vettel. Was „Luigi“ wohl dazu sagen würde?

E-Mails an: sport@diepresse.com

Erratum

In einer früheren Version dieses Textes hieß es, das Österreichische Institut für Sportmedizin sei Teil des Instituts für Sportwissenschaften der Universität Wien. Dies ist unrichtig. Wir bedauern den Fehler.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2012)

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