Fußball-Bund gegen Bundesliga

Österreichischer Fußball-Bund gegen Bundesliga, das kommt einem vor wie Simmering gegen Kapfenberg. Der Verlierer ist wie immer der Sport, der Ball wird schon irgendwie weiterrollen.

Das Verhältnis zwischen dem Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) und der heimischen Liga war schon einmal besser, wenn man das kinderfreundlich umschreiben will. In Wahrheit hat man sich in den vergangenen Jahren immer weiter voneinander entfernt, das gipfelt nun in einem Beschluss, der keinen Sinn ergibt. Aber auch das ist Österreich, das ist nicht nur ein Phänomen des Fußballs. Wenn Funktionäre behaupten, es würde ihnen immer nur um die Sache – nämlich um den Sport – gehen, dann sind das lediglich Lippenbekenntnisse. Wie so oft geht es um Machtkämpfe, die hinter den Kulissen ausgetragen werden. Das Gesicht will in der Öffentlichkeit keiner verlieren, der Ball wird schon irgendwie weiterrollen. Im Zweifel haben wir ja Marcel Koller, der letztlich als ÖFB-Cheftrainer für Ergebnisse den Kopf hinhalten muss.

Zur Diskussion steht seit längerer Zeit ein neues Liga-Format, der Unterbau, so glauben Experten, gehört reformiert. Die Idee war, die zweite Spielklasse („Heute-für-morgen-Liga“) aufzustocken. Die Liga aber will bei der Meisterschaft mit zehn Klubs blieben, das hat in erster Linie finanzielle Gründe. Aber was tun mit den Fußballmeistern der Regionalliga oder der bestplatzierten lizenzierten Nichtamateur-Mannschaft? Sie steigen ab der Saison 2014/15 fix in die Erste Liga auf – das hat das Präsidium des ÖFB in seiner Sitzung in Wien beschlossen. Es war ein Mehrheitsbeschluss – gegen die Stimmen der Bundesliga.

Wie die Angelegenheit nun in der Praxis aussehen soll, das steht in den Sternen. Hauptsache, die ÖFB-Landespräsidenten haben gehandelt. Über die Umsetzung, so hieß es, könne man sich immer noch unterhalten. Aber das Klima mit der Bundesliga ist vergiftet, eine Chance auf Weihnachtsfrieden gibt es eher nicht. Hinter vorgehaltener Hand mosert der ÖFB über den Bundesliga-Präsidenten (Hans Rinner), auch Vorstand Georg Pangl ist nicht unumstritten. Der Fußball-Bund will über die Formaterstellung der Bundesliga (inklusive Regionalliga) bestimmen, ein Mitspracherecht wird abgelehnt.

ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner geht es um die seiner Meinung nach sehr starken Nachwuchsspieler bei den Amateur-Mannschaften der Profiklubs. Sie spielen sich sozusagen in der Regionalliga, werden dort zu wenig gefordert. Da die Akademien immer wieder neue Spieler „produzieren“, besteht ein erhöhter Bedarf an Arbeitsplätzen. Aber auch der Fußball wird sich hierzulande mit den Gesetzen der Marktwirtschaft auseinandersetzen müssen, die geschützten Werkstätten sind Geschichte. Echte Talente werden auch bei starker Konkurrenz ihren Weg gehen.

Eine weitere Entscheidung wurde getroffen, die den Amateurbereich betrifft. Aufgrund von EU-Vorgaben wird mit 1. Juli 2013 die Beschränkung der Spielberechtigung von Nichtösterreichern aufgehoben. Das kann zu einer interessanten Entwicklung führen, vor allem in grenznahen Gebieten. Schon jetzt ist eine Vielzahl an Gastspielern bekannt, die aus Ungarn oder der Slowakei über die Grenze hüpfen, um sich hier ein nettes Körberlgeld zu verdienen. Schwarz natürlich. Eine neue Legionärsflut ist demnach nicht ausgeschlossen. Auch wenn es den Landesverbänden gestattet ist, in ihrem Bereich nicht diskriminierende und verhältnismäßige Eigenbauspieler-Regelungen einzuführen.

wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.