Fußball der Zukunft

Die Technische Studiengruppe des Weltverbandes hat punktuell ausgearbeitet, wie der erfolgreiche Fußball der Zukunft aussieht. Mit Österreich hat der bedauerlicherweise nichts zu tun.

Der Weltfußballverband ist für die Zeit nach der Weltmeisterschaft in Brasilien nicht verantwortlich. Was dort mit den sündteuren Stadien nun passiert, das ist Sache des Gastgebers. In vier Jahren wird die Endrunde vergessen sein, weil die Brasilianer wenig Interesse daran haben, die Erinnerung wachzuhalten. Die Schmach aber bleibt, da wird nie genug Gras darüber wachsen. 2018 erst wird Brasilien wieder im Blickpunkt stehen, wenn die brutal entzauberten Ballkünstler bei der Endrunde in Russland mit Argusaugen beobachtet werden. Der Druck wird dann nicht geringer als bei den Spielen daheim sein, das historische Debakel gegen Deutschland kann eine Fußballnation, wie es Brasilien nun einmal ist, nicht unbeantwortet lassen. Und der brasilianische Verband muss jetzt schon hoffen, nicht so schnell wieder auf diese Deutschen zu treffen.

Nicht nur die Brasilianer wären gut beraten, sich ausführlich mit dem Abschlussbericht der Technischen Studiengruppe der Fifa zu beschäftigen. Experten haben ausgearbeitet, warum der Sieger letztlich nur Deutschland heißen konnte. Die Kurzfassung des WM-Erfolgsrezepts wurde in zehn Punkte zusammengefasst. Wer sie nicht erfüllt, der wird auch in den kommenden Jahren keine Titel gewinnen:

disziplinierte, gut organisierte Abwehr,

aufrückende Verteidigung, Absicherung durch den Torhüter,

geduldiger Spielaufbau aus der Verteidigung über das Mittelfeld,

hervorragendes Kombinationsspiel, viele Anspielstationen,

präzise Pässe in die Tiefe,

einflussreicher Torhüter,

Ballsicherheit unter Druck,

mentale Stärke,

taktische Flexibilität (situative Anpassung),

entscheidende Einwechslungen des Trainers.

Wer diesen Anforderungen gerecht werden will, der muss über eine herausragende Mannschaft verfügen. Und wer ehrlich genug ist, wird feststellen, dass der österreichische Fußball keinen einzigen der zehn Punkte auch nur annähernd erfüllt. Marcel Koller ist gewiss nicht der einzige Teamchef, dem in Brasilien live vor Augen geführt wurde, wie der Fußball der Zukunft auszusehen hat. Und man kann davon ausgehen, dass die Deutschen auch ohne Lahm, Klose oder Mertesacker in der Lage sind, den Ton anzugeben. Und neue Trends (Tormann-Libero) zu setzen.

Wenn für Österreich in wenigen Wochen die EM-Qualifikation für die Endrunde 2016 beginnt, dann werden wir uns wieder große Hoffnungen machen. Bleibt zu hoffen, dass die Euphorie dann stark genug ist, um über all die Schwächen hinwegzutäuschen.

wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2014)

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