Weltmeister der Funktionäre

Am Freitag wird in Zürich der neue Fifa-Präsident gewählt, jedoch gilt die erneute Bestellung des Spielmachers Sepp Blatter längst als gewiss. Der Schweizer ist seit 1998 unbestritten der Weltmeister der Funktionäre.

Sepp Blatter hat es schon vor der Wahl des Fifa-Präsidenten gewusst. An ihm führt kein Weg vorbei auf der eisglatten Bühne des Weltfußballs. Der Schweizer wird, trotz seines fortgeschrittenen Alters von 79 Jahren, dem Weltverband für weitere vier Jahre vorstehen. Die Wahl erfolgt am Freitag, doch am Ausgang des Votums der 209 Mitglieder besteht kein Zweifel. Blatter, seit 1998 im Amt, wird weitermachen.

Dabei steht der Schweizer für alles, nur nicht für Fortschritt. Auch scheint unter seiner Leitung eine lückenlose Aufklärung diverser Korruptionsfälle bei WM-Vergaben weiterhin unmöglich. Das muss er im Weltverband ja auch nicht; treue Weggefährten wissen genau das sehr zu schätzen.

Die Stimmen kleinerer Verbände aus Ozeanien oder aus Asien, Süd- und Mittelamerika und freilich Afrika, seinem liebsten Kontinent, sind ihm gewiss. Blatter ist unschlagbar, wenn es darum geht, seine Kontakte zu pflegen, Hände zu schütteln und in Krisenfällen den Diplomaten zu mimen, wenngleich es ausnahmslos immer nur um das Geschäft geht. Er musste auch keinen Wahlkampf führen, wozu denn? Reine Zeitverschwendung.

Blatter wusste, dass Luis Figo und Michael van Praag zurückziehen würden, um den einzig wahren Herausforderer, Prinz Ali bin al-Hussein, im Finale zu stärken. Aber auch er hat keine Chance, denn Blatter kann in seiner Scheindemokratie alles versprechen. Die Fifa hat dank Sponsoren und TV-Verträgen Milliarden auf dem Konto. Camps, Entwicklungshilfen und Events sind für Unterstützer auf Schiene oder werden es sofort nach der Wahl sein. Ob Blatter Reformen einleiten, seine Glaubwürdigkeit aufpolieren oder umstrittene WM-Vergaben an Katar 2022 revidieren wird? Würde es dem Geschäft und seiner Person wirklich dienen, dann vielleicht. Doch das sind naive Ansätze. Nach der Zeremonie schweigen derzeit noch „besorgte“ Sponsoren. Auch TV-Anstalten und ganz erboste Gegner applaudieren dann, sie jubeln laut. Das ist Funktionärswesen allerhöchster Güte, es ist wirklich weltmeisterlich. Blatter ist der Spielmacher, niemand anderer.

Es bleibt abzuwarten, wie das von Blatter negierte Europa reagieren wird. Ihn nicht zu wählen, wie es ÖFB-Präsident Leo Windtner angekündigt hat, ist zwar keine Lösung, aber immerhin ein Vorgehen, das Charakterstärke offen demonstriert. Uefa-Präsident Michel Platini ist gefragt, Europa droht einen Startplatz bei der WM 2018 zu verlieren. Dann gäbe es nur noch dreizehn WM-Tickets. Aber will das der Franzose, der vor Kurzem in Wien für vier weitere Jahre als Uefa-Chef bestimmt wurde, überhaupt? 2019 wird ja wieder ein Fifa-Präsident gewählt. Dann wird Platini wohl antreten; womöglich ganz nach Blatters Vorbild...

markku.datler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2015)

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