Siegertypen mit Ecken und Kanten

Warum ein österreichischer F1-Pilot nicht zwingend als Zugpferd für Spielberg taugt, Anna Fenninger aber für den ÖSV unersetzbar ist: Österreicher lieben den Erfolg, sie brauchen Siegertypen mit Ecken und Kanten.

Spielberg war für den Formel-1-GP gerüstet, Region und Rennstrecke hatten sich herausgeputzt. Doch die noch im Vorjahr von den Massen gelebte Euphorie war verschwunden, die Begeisterung der Alltäglichkeit gewichen. Der Große Preis war für manch Beobachter nichts Besonderes mehr und die Suche nach den Gründen förderte interessante Perspektiven zutage.

Wer ein Fest veranstalten will, muss vorab tüchtig Werbung, gute Stimmung machen. Red Bull, an sich für profundes Marketing und plakative Ideen bekannt, hat es verabsäumt, das Schmuckstück in der Steiermark zu bewerben. Die sportliche Leistung nach sieben Rennen war definitiv nicht förderlich: kein Sieg, kein Podestplatz.

Mit Verlierern kann keiner Werbung machen, und auch Mateschitz-Berater Helmut Marko tat seit Saisonbeginn nichts anderes, als den Status quo krankzujammern und die von ihm in Erfolgsjahren noch so prunkvoll und pompös ausgelobte Formel 1 schlechtzureden. Ja, eine Rennserie, die nur Seriensieger feiert, ist langweilig. Eine Rennserie, die Überholmanöver und dröhnende Motoren nicht mehr kennt, ist schwer bis gar nicht zu verkaufen – das eigene Produkt unaufhaltsam mit Negativaussagen selbst zu schwächen, mutet irritierend an.

Ins Spiel kam das Ausbleiben der deutschen Fans, aber wen wunderte es? Sie kamen ja nicht einmal zu Rennen in Deutschland, daher gibt es heuer kein Rennen in der Automobilhochburg. Wer mit ihnen budgetiert hatte, sollte um seinen Job bangen.

Gerhard Berger sah den Grund für das Ausbleiben der Massen im Fehlen eines Lokalmatadors. Ein Austro-Pilot würde gut als Zugpferd dienen, sagte der populäre Tiroler, der Ecken und Kanten zeigte, viel Geld verdiente und auch ohne WM-Titel charismatisch den Erfolg verkörperte. Seit Christian Kliens Abschied 2010 sind österreichische Piloten in der F1 ausgestorben. Es fehlen Talente, Geld und Lobbying der Industrie.

Aus dieser Blickrichtung ist es nicht weiter verwunderlich, warum ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel partout an Anna Fenninger festhielt. Es ist eine Entscheidung, die freilich Größe zeigt, aber mit Weitblick und Geschäftssinn. Es gibt nur wenige Aushängeschilder, noch weniger Typen, Sympathieträger oder Erfolgsgaranten. Also muss man die, die man hat, trotz aller Widerstände, hegen und pflegen; vor Einflüsterern, geldgierigen Managern und Politikern schützen.

Red Bull forciert sein Nachwuchsprojekt, es hat aber nicht die Güte wie das des ÖSV. Ob Österreicher sich mit dem RB-Team, bei Siegen ertönt ja die Bundeshymne, identifizieren oder nicht, ist Geschmackssache. Fakt ist, dass sich der Österreicher nur dann für Sport begeistert, wenn es Erfolge gibt. Bleiben sie aus, bleibt der Zuschauer zu Hause. Red Bull Racing ist also selbst schuld.

markku.datler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.