Rio de Janeiro ruft

Ein Jahr vor den Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro haben 19 Österreicher die Qualifikation bereits erbracht. Medaillengarantie gibt es freilich weiterhin keine, eine erneute Null ist trotz vieler Förderungen keine Utopie.

Rio de Janeiro ruft, die Metropole unter dem Zuckerhut ist nach der WM 2014 bis auf ein paar Umwelt- und Arbeiterprobleme für das nächste Großereignis bereit. Am 5. August 2016 starten die Sommerspiele, es soll ein Sportfest mit gigantischen Beachvolleyball-Spielen auf der Copacabana und Fußballhits im Maracanã werden. Mit Spannung wartet die Welt auf die Sprints des Jamaikaners Usain Bolt – wenn er denn bis dahin wieder in Tritt kommt.

Formsuche betreiben weiterhin auch Österreichs Spitzensportler. Die Null der Spiele 2012 in London hängt wie ein Damoklesschwert über allen Köpfen, auch so manche Politiker und Sportfunktionäre sollten sich vielleicht betroffen fühlen. In einem Punkt kann man Sportminister Gerald Klug keinen Vorwurf machen: Er hat zumindest alles unternommen, damit genug Geld ins Spiel kommt. Über den Aufteilungsschlüssel, die Bewertung der Sportler etc. kann man jedoch streiten. Es mutet weiterhin wie ein sinnloses Gießkannensystem an, jeder bekommt etwas und trotzdem nicht genug.

20 Millionen Euro sind jährlich im „Projekt Rio“ im Einsatz, damit sich 2016 nicht das Schicksal, unentwegt kritische Geister würden es Offenbarung nennen, von 2012 wiederholt. Dass weitere Geldtöpfe – angefangen von Sporthilfe über Top-Sport-Austria bis hin zu Sponsoren etc. – zur Verfügung stehen, sei auch erwähnt. Denn ganz so schlecht geht es Österreichs Sportlern nämlich nicht...

Ein Jahr vor den Spielen in Rio haben 19 Österreicher ihr Ticket fix. In einigen der 28 Sportarten ist die letzte Qualifikationschance auch schon vorbei, etwa in allen Mannschaftssportarten. Als letztes Team waren die Handballerinnen 2000 in Sydney dabei – unter Aufsicht von Gunnar Prokop. Vielleicht ist das, was Österreichs Sport so dringend brauchte: Fachleute mit harter Hand, mit direktem Zug zum Tor, Typen mit Ideen. Derer gibt es zu wenige, ebenso wirklich gute Trainer oder Trainingsbedingungen.

Vier Leichtathleten (neu: Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger), vier Schützen und Schwimmer sind fix, auch vier Segelboote. In Anbetracht der bislang abgelieferten Ergebnisse wird dem Beobachter aber mulmig, die Lobeshymnen über das tolle System, die Planung und ach so tollen Aussichten haben ja einen schalen Beigeschmack. Es gibt – bis auf die Segler – keine wirklichen Topleistungen mit Medaillenchance.

2008 waren es 70 Sportler, Mirna Jukić und Ludwig Paischer waren in Topform; es gab einmal Silber, zweimal Bronze. 2012 in London waren es 70 Starter, Dinko Jukić und die 49er-Segler schrammten an Bronze vorbei, es gab die zweite Null seit Tokio 1964. 2016 kann es wohl nur ein Segelteam richten, mit viel Glück Golfstar Bernd Wiesberger, ein Judoka, ein Schütze – aber dahinter klafft zur Weltspitze, die übrigens bereits bis 2020 plant und budgetiert, ein großes Loch.

markku.datler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.