Sport, ein Anhängsel

Sport ist in der österreichischen Politik ein unliebsames Stiefkind. Revolutionen bleiben aus, dafür haben Personalwünsche und Fördertöpfe der Parteifreunde ebenso Vorrang wie die Fotografen auf der VIP-Loge.

Sport wird von Österreichs Politik unentwegt weitergereicht. Ob als schlichtes Anhängsel bei diversen Ministerien in der Wiener Stadtregierung oder als Spielplatz für einen Staatssekretär, der sich bei der eigenen Partei zwar wichtig gemacht, aber irgendwie dann doch nicht für Höheres empfohlen hat. Ein ehemaliger Gesundheitsminister wusste nach seiner Angelobung gar nicht, dass in seinem Bereich auch der Sport vorkommt. Unvergessen bleibt eine Aussage des aktuellen Präsidentschaftskandidaten Alexander Van der Bellen nach einer Nationalratswahl und der ersten Anbahnung möglicher Koalitionsverhandlungen. „Mit dem Sport lassen wir uns nicht abspeisen.“ Dieser Satz spricht Bände.

Österreich hat keine Sportkultur. Das Abfeiern von Fußballspielen oder der Kitzbühel-Abfahrt auf der Wohnzimmercouch hat wohl Tradition, gilt aber nicht als sportliche Betätigung. Die „tägliche Turnstunde“ zu installieren dauerte Jahre und scheiterte gewiss nicht nur an der Ausrede der Schulautonomie. Es fehlten landesweit Initiativen und funktionierende Projekte, Sport und Bewegung werden in Österreich dankend abgelehnt. Dass so Gesundheitsrisken, Kosten und andere Probleme in der Zukunft geradezu spielend leicht minimiert würden, wollte lang niemand glauben. Es bedurfte der warnenden Rufe Einzelner, allen voran Peter Kleinmann, dass in diesem Punkt zumindest ein Umdenken einsetzte.

Nun gilt es, diese Umsetzung auch zu verfolgen. Es geht nicht nur um Medaillen bei Großereignissen, sondern es stehen auch die Gesundheit, das Sozialsystem und Arbeitsplätze – also von der Politik tatsächlich auch wahrgenommene Bereiche – auf dem Spiel. Aber politische Versprechen werden oft und gern gebrochen, einfach vergessen.

Gerald Klug kann man als Sportminister durchaus Vorwürfe machen. Er hat nichts falsch gemacht, aber auch nichts revolutioniert. Er schaffte es wie all seine Vorgänger nicht – oder durfte es aus parteipolitischer Sicht auch gar nicht –, die unzähligen, mit hohen Kosten verbundenen Förderstellen zu vereinen. Zudem ist nicht jede Personalfrage im „Projekt Rio“ nachvollziehbar, doch Klug hat es zumindest geschafft, dem Sport in diesem Punkt Gehör und sehr viel Geld zu verschaffen. Dass in anderen Ländern solche Ansätze Usus und Breitensportmodelle schon in Kindergärten im Einsatz sind, darf nicht verschwiegen werden.

Ob Österreichs Sport je an gesellschaftlicher, politischer Bedeutung gewinnen wird? Selbst unliebsame Stiefkinder werden ja irgendwann erwachsen. Jetzt gibt ein ehemaliger Polizist die Richtung vor. Aber auch Hans Peter Doskozil wird sich zuerst mit Fördergeldern, „Freunderl-Funktionären“ und nach VIP-Karten gierenden Parteikollegen beschäftigen müssen.

markku.datler@diepresse.com

Diepresse.com/Sport

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2016)

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